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Sibel

Draußen im Wald

Die junge Sibel lebt in einem abgelegenen Bergdorf in der Türkei. Sie ist stumm, kann aber mittels einer traditionellen Pfeifsprache kommunizieren. Sie ist oft ausgeschlossen, doch auch viele Regeln gelten für sie nicht.

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„Die Leute werden mir danken, dass ich ihnen den toten Wolf bringe.“ Die junge Sibel lebt mit ihrem vertrauensvollen Vater und ihrer Schwester in einem abgelegenen Bergdorf in der Türkei. Sie ist stumm, kann dennoch mittels einer traditionellen Pfeifsprache kommunizieren, die in ihrer Region noch heute gesprochen wird. Aufgrund ihrer Behinderung gelten viele Verpflichtungen für sie nicht. Ein- und ausgehen, ohne um Erlaubnis bitten zu müssen, kein Kopftuch tragen. Mit den meisten Attributen der Weiblichkeit nicht versehen zu sein, bedeutet in jener konservativen, nahezu archaischen Gemeinschaft, ein ganzes Stück mehr Freiheit zu haben. Doch SIBEL wird auch ausgeschlossen und ist tagtäglich Anfeindungen ausgesetzt. Drinnen ist es ist zu eng möbliert; die buntscheckigen Blumenstoffe verdecken bloß die Schranke, die jenseits des Häuslichen und der Feldarbeit steht. Draußen, im umliegenden, berückend schönen Wald, in dem sich niemand besser auskennt als sie, müht sie sich, mit einem Gewehr über der Schulter, den Wolf aufzuspüren, der dort herumstreunen soll und Gegenstand der Ängste und Erzählungen im Dorf ist.
Auf einem ihrer Streifzüge trifft sie auf einen verwundeten, desertierten Soldat – ein Aussätziger wie sie. Doch der Mann wird prompt von den Repräsentanten des Staats als Terrorist angesehen; plumpes Gerede über geschändete Familienehre geht um. Sibels existentielle Situation gerät ins Wanken. Ihre Geschichte scheint mit derjenigen der alten, dementen Narin zu verschmelzen, die sie in ihrem Holzhäuschen zu besuchen pflegt. Diese und andere Nebenfiguren legen nahe, dass man erkennen muss, wofür man – sei es aus Verlorenheit oder aus Wut – eigentlich kämpft, wenn es kein äußerer Feind ist, der einen bedroht, sondern die Verhältnisse, die die Menschen selbst geschaffen haben.

Marie Minot

Details

Frankreich/ Luxemburg/ Deutschland/ Türkei 2018, 95 min
Genre: Drama
Regie: Cagla Zencirci, Guillaume Giovanetti
Drehbuch: Cagla Zencirci, Guillaume Giovanetti, Ramata Sy
Kamera: Eric Devin
Schnitt: Véronique Lange
Musik: Bassel Hallak, Pi
Verleih: Arsenal Filmverleih
Darsteller: Damla Sönmez, Emin Gursoy, Elit İşcan, Meral Çetinkaya
FSK: 12
Kinostart: 27.12.2018

Website
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