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Schwarzer Zucker, rotes Blut

Bewegende Recherche

Als Kind hat Anna Strishkowa Auschwitz überlebt, über ihre Familie und Herkunft weiß sie nichts. Regisseur Luigi Toscano hat ihre Geschichte recherchiert.

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„Ich habe Hitler überlebt, ich werde auch Putin überleben“, sagt Anna Strishkowa. Wie alt sie ist, ob sie tatsächlich Anna heißt, ist ungewiss. Vielleicht ist sie eines der „Bandenkinder“, das Kind eines weißrussischen Partisanen. Sicher ist, dass Anna am Kriegsende in Polen befreit und in ein Kinderheim in Kiew gebracht wurde. Es gibt einen von der Propagandaabteilung der russischen Armee gedrehten Film. Dort ist das kleine Mädchen zu sehen - und auf ihrem Arm die Nummer, die ihr in Auschwitz in die Haut gestochen wurde. Schon dieses Dokument und ein weiterer Propagandafilm mit einer glücklichen Anna und ihrer Adoptivmutter machen den Film SCHWARZER ZUCKER, ROTES BLUT sehenswert – und nicht zuletzt die Zeichnungen von Mehrad Zaeri, in denen die Deutschen, ob Arzt, Wachmann oder Soldat, stets als Gevatter Tod aufscheinen.

Von Auschwitz wurde Anna ins polnische Potulice gebracht, in ein Lager, wo sie als lebende Blutkonserve missbraucht wurde, nur deshalb überlebte sie. Für die Verwundeten in einem Lazarett der Luftwaffe wurde den Kindern Blut abgezapft – das rote Blut aus dem Titel. Das Stück Zucker aber, das ein russischer Soldat für das kleine Mädchen aus der Tasche seines Mantels kramte, war schwarz vor Schmutz und vom Tabak bitter. Annas Tochter Olga hat darüber ein Gedicht geschrieben, mit dem der bewegende Film einsetzt.

Der Regisseur Luigi Toscano hat Anna während seines Fotoprojekts „Gegen das Vergessen“ mit den Porträts von Überlebenden der Shoah kennengelernt. Ihr Schicksal ließ ihn nicht los. Wer ist Nummer 69929? Gibt es Verwandte? Toscanos Recherche zu verfolgen ist spannend, wenn auch sehr sehr ausführlich. Wegen des Kriegs in der Ukraine ist das vorläufige Ende dieser Suche nach Wahrheit noch nicht ganz glücklich.

Elisabeth Bauschmid

Details

Originaltitel: Schwarzer Zucker, Rotes Blut
Deutschland 2024, 90 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Luigi Toscano
Drehbuch: Luigi Toscano
Kamera: Nicolas Mussell, Paul Götz
Schnitt: Paul Götz, Luigi Toscano
Musik: Mathias Kiefer, Andreas Viehöver
Verleih: drop-out cinema
Kinostart: 21.11.2024

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