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Schumanns Bargespräche

Stil hält die Welt zusammen

Der legendäre Barkeeper Charles Schumann geht in berühmten Bars einen trinken und plaudert mit anderen berühmten Barkeepern.

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Kommt ein Mann in eine Bar: Kann diese Prämisse auf mehr hinauslaufen als eine gute Pointe? Marieke Schroeder macht daraus einen Dokumentarfilm. Das funktioniert hervorragend, weil bei ihr jener Mann eben Charles Schumann heißt, Betreiber des weltbekannten „Schumann’s“ in München, und die Bars, die er besucht, zu den bedeutendsten der Gegenwart gehören. Schon die Erwähnung von Orten, wie dem „Dead Rabbit“ in New York, der „Hemingway Bar“ in Paris, dem „El Floridita“ in Havanna und dem „High Five“ in Tokio eröffnet Vorstellungswelten und Assoziationen einer Kultur, die sich jenseits der alltäglichen Hysterie, von Zwängen und Getriebenheit bewegt. Die Bar als Rückzugsort, als Ort der Kontemplation und Regeneration, der Selbstversicherung, aber auch als Raum des vorurteilsfreien Austauschs innerhalb ihrer universell akzeptierten formalen Übereinkünfte, des Geistes und der Kommunikation. Die Barkeeper dieser Institutionen sind die Hüter jener Kultur, die sich im wortlosen Ritual der Zubereitung ihrer Cocktails manifestiert. SCHUMANNS BARGESPRÄCHE funktioniert natürlich auch deshalb so gut, weil Charles Schumann eine Ikone in der internationalen Barszene ist, man kennt und verehrt ihn und seine Kreationen auf der ganzen Welt. Seine 1984 herausgegebene Cocktail-Bibel „Drinks & Stories“ hat ihn zu einer fast schon mythischen Figur werden lassen. Für die Barkeeper und -Betreiber ist es eine Ehre, ihn empfangen zu dürfen und ihr Wissen und Können mit ihm zu teilen. Trotz seines Themas, das gleichzeitig so abstrakt wie bedingungslos stofflich ist, schafft es Schroeders in ihrem Film erstklassig, den Geist dieser kosmopolitischen Welt in eine eigene Sprache übersetzen. Sie wählt eine Bildästhetik, die auch vollkommen ohne Worte funktioniert und genau das transportiert, was diese Welt im Innersten zusammenhält: Stil.

Jens Mayer

Details

Deutschland 2016, 98 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Marieke Schroeder
Drehbuch: Marieke Schroeder
Kamera: Niv Abootalebi
Schnitt: Gaby Kull-Neujahr
Musik: Valentino Betz, Marvin Schuhmann
Verleih: NFP
FSK: 6
Kinostart: 12.10.2017

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IMDB

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