Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Robert Doisneau – Das Auge von Paris

Humanistischer Fotoarbeiter

Clémentine Deroudille hat einen Dokumentarfilm über ihren Großvater, den Pariser Fotografen Robert Doisneau gemacht. Der Film zeigt Doisneau als einen außerordentlich freundlichen, bescheidenen und charmanten Mann, der problemlos Leute von der Straße überreden konnte, Szenen für seine Kamera noch einmal nachzustellen.

Mehr

Ohne den „Kuss vor dem Hôtel de Ville“ würden heute wohl nur noch wenige den Namen Robert Doisneau kennen. 1950 als Auftragsarbeit für das US-Magazin „Life“ als Teil einer Serie über „Liebe in Paris“ entstanden, wurde das Bild in den 80er Jahren als Poster veröffentlicht und machte Doisneau zu einem der berühmtesten Fotografen der Welt. Eine Zeitlang galt der „Kuss“ als eines der wundervollsten Werke der Straßenfotografie, bis allmählich klar wurde, dass Doisneau für die Reportage ein junges Paar von der Schauspielschule als Modell engagiert hatte.
Clémentine Deroudille, Doisneaus Enkelin, will in ROBERT DOISNEAU – DAS AUGE VON PARIS zeigen, dass ihr Großvater mehr war als ein Poster-Fotograf. Doisneau hat sich als Handwerker verstanden und sein Leben lang im Auftrag von Magazinen fotografiert. Er wuchs in den Banlieues von Paris auf, und trotz seiner zahlreichen Reisen blieben sie sein Hauptmotiv. Der Film zeigt ihn als einen humanistischen Fotoarbeiter, einen außerordentlich freundlichen, bescheidenen und charmanten Mann, dem man sofort abnimmt, dass er Leute von der Straße überreden konnte, Szenen für ein Foto noch einmal zu wiederholen. Doisneaus Bilder sind von einem freundlichen Humor und einer Lust an der Pause geprägt. „Wenn drei Generationen nicht gearbeitet haben, bekommen die Leute ein schönes, entspanntes Gesicht“, sagt er, dessen Motiv vor allem die waren, denen erst ab den 60er Jahren zwei Wochen Urlaub im Jahr zustanden. Der menschenfreundliche Witz, der die Beliebtheit seiner Bilder mitbegründet, entspringt einer sozial-anarchistischen Haltung. Eine wirkliche Entdeckung sind aber Doisneaus Farbfotos aus den 80er Jahren, die eine menschenleere, bunt angemalte und dennoch lebensfeindliche Banlieue zeigen. Sie zeigen ein Stadtdesign, das auch Vorbild für die Sanierung der Berliner Ostbezirke in den 90er Jahren war.

Hannes Stein

Details

Originaltitel: Robert Doisneau – Le révolté du merveilleux
Frankreich 2015, 78 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Clémentine Deroudille
Schnitt: Marie Deroudille
Musik: Eric Slabiak
Verleih: Film Kino Text
FSK: oA
Kinostart: 17.08.2017

IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.