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Return To Seoul

Impulsiv

Freddie wurde als Baby von einem französischen Ehepaar adoptiert. Doch ihre Wurzeln liegen in Südkorea. Einem Impuls folgend reist sie in das Land ihrer leiblichen Eltern.

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Freddie wurde als Baby von einem französischen Ehepaar adoptiert. Doch ihre Wurzeln liegen in Südkorea. Einem Impuls folgend reist sie in das Land ihrer leiblichen Eltern. Regisseur Davy Chou (DIAMOND ISLAND), der als Kind kambodschanischer Eltern in Frankreich aufwuchs und auch erst als Erwachsener Kambodscha kennenlernte, kennt sich aus mit der Zerrissenheit, die man spürt, wenn man sich immer im Dazwischen bewegt, nie wirklich zugehörig ist. Und diese innere Verbindung mit seiner filmischen Geschichte spiegelt sich auch in seiner sensiblen Inszenierung.
Zudem thematisiert er Koreas Geschichte als „Baby-exportierende Nation“, die bis heute schambesetzt ist. Nach dem Korea-Krieg hatte Südkorea zunächst aus wirtschaftlichen Gründen angefangen, in Vielzahl vor allem Waisen und amerikanisch-koreanische Säuglinge ins Ausland zu vermitteln, aber auch später, als aufstrebende Industrienation, nicht damit aufgehört. Die konfuzianische Tradition des Landes stützt sich stark auf Blutsverwandtschaft und Ahnenlinien, die als Voraussetzung für eine intakte Familie gelten. Deshalb gelten adoptierte Kinder immer noch als minderwertig, auch wenn sich in den letzten Jahren die Einstellung der koreanischen Gesellschaft hierzu langsam verändert. Mittlerweile steigen die Inlandsadoptionen.
Chou lässt vielleicht auch deshalb Freddie in einem Mix aus Auflehnung und Selbstsabotage über koreanischen Boden fegen und dabei alle Grundpfeiler der Benimm-Codes, die in Korea unausgesprochen gelten, mit sich reißen. Sie mag sich nicht den Gepflogenheiten anpassen, ist fordernd und bis an die Schmerzgrenze extrovertiert. Vermittelt durch die staatliche Adoptionsagentur trifft sie auf die Familie ihres Vaters, die sie mit Entschuldigungen überschüttet aber auch fast umgehend der Meinung ist, dass Freddie in Korea leben und einen koreanischen Mann heiraten soll. Chou zeigt, in mehreren Zeitsprüngen über acht Jahre, Freddies Reibungen und Häutungen auf der Suche nach sich selbst und einem Ankerpunkt im Leben, hinreißend intensiv dargestellt von Park Ji-min in ihrer ersten Rolle – Freddie, als Sinnbild für den Stachel, der bis heute tief in der südkoreanischen Gesellschaft sitzt.

Susanne Kim

Details

Originaltitel: Retour à Séoul
Belgien/ Deutschland/ Frankreich/ Qatar 2022, 116 min
Sprache: Englisch, Französisch, Koreanisch
Genre: Drama
Regie: Davy Chou
Drehbuch: Davy Chou
Kamera: Thomas Favel
Schnitt: Dounia Sichov
Musik: Jérémie Arcache, Christophe Musset
Verleih: rapid eye movies
Darsteller: Ji-Min Park, Guka Han, Yoann Zimmer, Ouk-Sook Hur
Kinostart: 26.01.2023

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