Neue Notiz
Remedy
Cheyenne Picardos Film REMEDY ist eine filmische Autobiografie, die sich vor allem für die Beziehungen zwischen der Sexarbeiterin Remedy und ihren Kunden und für die damit verbundenen Gefühle interessiert.
Cheyenne Picardos Film REMEDY ist eine filmische Autobiografie, die sich vor allem für die Beziehungen zwischen der Sexarbeiterin Remedy und ihren Kunden und für die damit verbundenen Gefühle interessiert. Remedy beginnt nicht aus finanzieller Not damit, zuerst als Domina, und dann als Sub zu arbeiten, sondern aus Interesse an der New Yorker BDSM-Szene und weil sie jemand herausgefordert hat: „Das könntest du nie“. In dem Club, in dem Remedy arbeitet, findet kein Geschlechtsverkehr statt. Prostitution ist in New York verboten, SM-Clubs sind offenbar erlaubt.
Das Problem ist hier nicht ein Mangel an Intensität in den Beziehungen, sondern ein Überschuss. Remedy wird nicht verletzt oder deformiert, aber ihre Erlebnisse bewegen sie so massiv, dass sie entscheidet, den Job aufzugeben. Cheyenne Picardo zeigt einige absurde Erlebnisse, wie die erste Session als Domina, bei der Remedy einem fiesen Typen eine Zahnbehandlung verpassen soll, und ihn stattdessen mit einer Fußmassage zum Einschlafen bewegt. Wichtiger aber sind andere Begegnungen, zum Beispiel die mit einem freundlichen Flagellanten, mit dem Remedy die Rollen tauscht und schließlich in einen freudigen Wettbewerb darüber einsteigt, wer am meisten Schläge aushält. Remedy mag die körperlichen Aspekte des Jobs, die psychischen setzen ihr mehr zu. „Extreme Demütigung“ bietet sie nicht an und sie zieht sich nie ganz aus, aber als ein Mann sie gefesselt vor sich tanzen lässt, beschäftigt sie die Szene noch lange nach der Session. Ob Remedy im entscheidenden Moment verletzt oder erregt ist, verrät der Film nicht. Es ist auch nicht wichtig. REMEDY erzählt von einem Überschuss an Intensität in den SM-Sessions, die sich im Alltag nicht ohne weiteres ausblenden lassen. Remedy und ihre Kunden kommen sich sehr nahe, aber diese Nähe in der Session enthüllt sich als Illusion. Picardo inszeniert den Film in einem direkten und improvisierten Stil, als dessen Vorbild sie Mike Leighs Filme und den in Deutschland mittlerweile nur noch als VHS-Kassette erhältlichen Film WORKING GIRLS (1986) der feministischen Avantgardistin Lizzie Borden bezeichnet (nicht zu verwechseln mit dem Melanie Griffith‘ Film WORKING GIRL von 1988). Die Schäbigkeit des SM-Ladens, in dem immer irgendwo ein Schrubber in der Ecke steht, und das eine oder andere Fesselgerät stets droht umzukippen, kontrastiert sie mit den spannungsvoll inszenierten Interaktionen zwischen den Personen. Picardo sagte über REMEDY: „Der Film sollte den Leuten in der Szene gerecht werden, Profis oder nicht. Ich musste das Gute und das Schlechte zeigen, ohne Sexarbeit oder das Konzept Kink-Sex zu verurteilen.“ Das ist ihr in diesem sehr persönlichen Film geglückt.
USA 2013, 119 min
Genre: Drama, Thriller
Regie: Cheyenne Picardo
Drehbuch: Cheyenne Picardo
Musik: Mike Gallant
Verleih: déjà-vu film UG
Darsteller: Kira Davies, Ashlie Atkinson, Júlia Ubrankovics
Kinostart: 22.01.2015
IMDB
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