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Quiet Life

Tiefschlaf in Klinikgrün

Was mit der aus Russland geflohenen Familie G. geschieht, hängt von der Inspektion der schwedischen Behörden ab. Unter dem Stress der Vernehmung fällt Tochter Katja in einen Tiefschlaf.

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Lob kann auch Demütigung bedeuten. Wenn also die Frau von der Einwanderungsbehörde die Mädchen Alina und Katja lobt, weil sie so gut Schwedisch sprechen, heißt das: ihr gehört nicht zu uns; noch nicht oder auch nie. Was mit der aus Russland geflohenen Familie G. geschieht, mit Natalia, Sergei und ihren Töchtern, ob sie bleiben dürfen, es hängt von der Inspektion ab, mit der Alexandros Avranas´ Film QUIET LIFE beginnt. Zwei fremde Menschen dringen da ein zum Kontrollgang in eine Wohnung, die so ordentlich, so beklemmend leer ist, als würde hier Leben nur inszeniert, um eine Prüfung zu bestehen.

Der Visitation folgt die Anhörung. Die ist keine Anhörung, sondern ein Verhör, das die G.s nicht bestehen, weil man ihnen nicht glaubt, und weil die einzige Zeugin des Überfalls auf Sergei, die jüngere Tochter Katja, unter dem Stress der Vernehmung in einen Tiefschlaf verfällt (Resignationssyndrom heißt die auf schwere Traumata zum Selbstschutz folgende Reaktion). Und so beginnt ein Albtraum aus Fürsorge, werden die Eltern, damit sie lernen, mit ihren Ängsten umzugehen, einer Lächel-Therapie unterzogen; soll - so will es der Vater, er macht Druck - die ältere Tochter als Zeugin einspringen. Das geht schief. So dass dann auch Alina in den Dauerschlaf flüchtet. Das aber ist dann doch etwas zu viel an Groteskhorror in kaltem Klinikgrün – es gibt im stillgelegten Leben keine warmen Farben, nur eine Tulpe und die Schachtel mit einem Geschenk für Katja sind rot.

Um aus dem Alb herauszufinden, braucht es wie im Märchen eine gute Fee. Die gibt es in der Person einer alten Dame, nicht im feenweißen Kleid, sondern im schwarzen Badeanzug. Womit aber nur im Kino, nicht in der realen Asylpolitik gesichert wäre, dass man der Familie G. bei einer erneuten Anhörung Glauben schenkte.

Elisabeth Bauschmid

Details

Frankreich/ Schweden/ Deutschland/ Estland/ Finnland/ Griechenland 2024, 99 min
Genre: Drama
Regie: Alexandros Avranas
Drehbuch: Stavros Pamballis, Alexandros Avranas
Kamera: Olympia Mytilinaiou
Schnitt: Dounia Sichov
Musik: Tuomas Kantelinen
Verleih: Wild Bunch
Darsteller: Chulpan Khamatova, Grigory Dobrygin, Naomi Lamp, Miroslava Pashutina, Eleni Roussinou
Kinostart: 24.04.2025

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