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Playland USA

Orte der Illusion

Der Essayfilm von Benjamin Schindler und Jan Wilde versteht die USA als ein Land, in dem Realität und Illusion immer weniger unterscheidbar werden.

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„Wir leben in einer Welt, die zu 90% aus Illusionen besteht und nur zu 10% aus Realität“ sagt gegen Ende von Benjamin Schindlers Essayfilm PLAYLAND USA ein Amerikaner. 2017 fanden die Dreharbeiten zu dem ambitionierten, assoziativen Film statt, ein paar Monate nachdem Donald Trump als Präsident vereidigt wurde. Doch Schindler und sein Co-Autor Jan Wilde haben keinen Film über das Trump-Amerika im Sinn, sondern über ein Amerika, das auch schon lange vor dem Schock der Wahlnacht 2016 immer mehr zu einer Illusion wurde. Viele Szenen des Films sind dann auch an Orten der Illusion gedreht, an Stätten historischer Nachbildung, in Virginia etwa, wo die Anfänge des Unabhängigkeitskrieges in einer Art Freilichtmuseum nachgespielt werden, oder am Ort, wo dem Zusammenschluss der Eisenbahn gedacht wird, die den Kontinent einte, aber auch an scheinbar realen Orten wie dem New Yorker Times Square oder der Glitzermetropole Las Vegas. Beides Orte, die auch viele seltsame Gestalten anziehen, Menschen in Spider-Man-Kostümen, religiöse Prediger, die das Ende der Welt oder die Ankunft des Messias verkünden.
Wie einseitig die Geschichtsschreibung in Amerika oft ist, wie wenig die Verbrechen an der amerikanischen Ur-Bevölkerung immer noch thematisiert werden, ist einer der losen roten Fäden, die sich durch den Film ziehen. Meist gelingt es Schindler und Wilde, durch eine assoziative Montage, die eigene Aufnahmen, Interviews, wenige Archivaufnahmen und eine komplexe Tonspur zu einer Collage vermischt, die Schlussfolgerungen den Zuschauern zu überlassen. Mit PLAYLAND USA ist ihnen ein reicher Film gelungen, der anzudeuten versteht, wie gerade auch Hollywood dazu beigetragen hat, dass die Grenzen zwischen Illusion und Realität oft nicht mehr klar unterscheidbar sind. Und damit den Demagogen Tür und Tor geöffnet hat.

Michael Meyns

Details

Deutschland 2019, 88 min
Genre: Essayistischer Film
Regie: Benjamin Schindler
Drehbuch: Benjamin Schindler
Kamera: Benjamin Schindler
Verleih: zeitgebilde
Kinostart: 26.09.2019

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