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Sekte alias „Schauspielunterricht“

Bernard Hiller vermarktet sich als „führender Schauspielcoach Hollywoods“, seine Kurse gelten vielen als lebensverändernde Erfahrung.

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Bernard Hiller vermarktet sich als „führender Schauspielcoach Hollywoods“, seine Kurse gelten vielen als lebensverändernde Erfahrung. Susanne Bohlmann hat für ihren Dokumentarfilm mehrere Workshops gefilmt und Teilnehmer interviewt. Von der Arbeit mit Hiller erwarten sie den Sprung ins große schauspielerische Business, vor allem aber quasi-therapeutische Hilfe bei persönlichen Blockaden.
Was man im Film erlebt, ist im besten Fall Hilfe zur Selbstfindung. Im gefährlichsten Fall ist es Manipulation eines machtbesessenen Gurus. Schauspielunterricht im eigentlichen Sinn – szenische und technische Arbeit – findet nicht statt. Es geht um das Aufbrechen von Grenzen. Hiller setzt bei Schwächen und Verletzungen der Teilnehmer an, die er beeindruckend schnell und genau zu erspüren scheint. Doch Recherchen in Berichten ehemaliger Schüler oder Interessenten ergeben: Es sind immer dieselben Punkte, die Hiller benutzt, um gefügig zu machen. „Du bist zu negativ“, „Du bist zu sehr im Kopf“, „Dein Umfeld ist schädlich für Dich, arbeite lieber mit mir.“ Seine Strategie ist klassische Manipulation: Das Gegenüber wird schlecht gemacht und man selbst verspricht die Lösung zu sein.
Auch die Kursregeln erinnern an Sekten: Es ist verboten, außerhalb des Kurses darüber zu reden. Eigenes Denken wird bestraft, Einschüchterung ist üblich, Rauswurf aus willkürlichen Gründen jederzeit möglich. Es gibt Teilnehmer, die Berauschendes in den gemeinsamen Ritualen erleben und denen es gut tut, ihre tiefsten Traumata offen zu legen. Und es gibt grauenvolle Szenen von Erniedrigung, z.B. als degradierte Teilnehmer in einer von Hiller manipulativ dirigierten Abstimmung von der Klasse aus dem Kurs herausgewählt werden. Ob die Filmemacherin fasziniert oder erschrocken ist von dem, was sie filmt, bleibt unklar. Doch dass in diesem Umfeld ein kritischer Geist geduldet würde, ist unwahrscheinlich. Der sehr religiös erzogene Hiller beruft sich auf einen Auftrag Gottes. Diese messianische Attitüde ist das höchst Problematische seiner Praxis und rückt sie in die Nähe eines Sektenführers. Derjenige, der am meisten profitiert, ist wohl Hiller selbst.

Susanne Stern

Details

Deutschland 2018, 92 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Susanne Bohlmann, Christopher Hawkins
Drehbuch: Susanne Bohlmann
Kamera: Lars Filthaut
Schnitt: Anna Baranowski, Susanne Bohlmann, Martin Kayser-Landwehr
Musik: Martin Fliegenschmidt
Verleih: W-Film
FSK: 12
Kinostart: 15.11.2018

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