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Orlando, meine politische Biografie

Verspielte Collage

ORLANDO ist ein kleines queeres Filmjuwel, das mit seiner schieren Existenz und seinem Esprit Lust auf eine rebellische und freie Zukunft macht.

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In „Orlando - Eine Biografie” (1928) beschreibt Virginia Woolf das Leben eines Aristokraten, der sich im Lauf eines sehr langen Lebens vom Mann zur Frau wandelt. In der heteronormativen Literaturgeschichte wurden sowohl die vermutlich bisexuelle Autorin als auch ihr Orlando immer wieder von ihrer Queerness losgelöst. Mit dem Experimentalfilm ORLANDO, MEINE POLITISCHE BIOGRAFIE mischen sich binäre und nichtbinäre trans Künstler*innen in die kulturhistorischen Diskurse ein und ziehen mit Witz und Poesie in den Kampf um die Deutungshoheit.
Für den Regisseur und Philosoph Paul B. Preciado ist Virginia Woolf literarisches Vorbild und verwandte Seele, aber auch streitbare Figur. Sein Film ist ein kritischer Liebesbrief an die Autorin, die er als „eine von uns“ sieht. „Ich bin einer deiner Orlandos“, sagt er. Aber: Echte trans Personen sind meist keine reichen Adligen mit weißer Haut und blondem Haar. Und die Transition ist nicht, wie bei Orlando, eine passive Verwandlung im Schlaf, sondern ein aktives Aufwachen.
In fließendem Wechsel sprechen die trans Darsteller*innen Textpassagen, erzählen von sich als Orlando und von eigenen Erfahrungen. So entsteht eine verspielte Collage aus queerer Geschichte und Gegenwart in der dekonstruktivistischen Tradition des französischen Kinos. Wie Woolf selbst sind auch viele trans Personen Psychiatriepatienten und werden pathologisiert. Die Gesellschaft erwartet, dass sie leiden, doch es wird deutlich: Trans Personen sind nicht „im eigenen Körper gefangen“, sondern in einem normativen binären System, das bis heute nicht so recht begreifen kann, dass es sie gibt. ORLANDO ist ein kleines queeres Filmjuwel, das mit seiner schieren Existenz und seinem Esprit Lust auf eine rebellische und freie Zukunft macht.

Eva Szulkowski

Details

Originaltitel: Orlando, ma biographie politique
Frankreich 2023, 98 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Paul B. Preciado
Drehbuch: Paul B. Preciado
Kamera: Victor Zebo
Schnitt: Yotam Ben David
Verleih: Edition Salzgeber
FSK: 12
Kinostart: 14.09.2023

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