Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Rhino

Stiernackiger Sünder

Rhino wächst in einem ukrainischen Dorf während der Perestroika auf. Weil er Einstecken wie Austeilen beherrscht, wird er bald vom organisierten Verbrechen engagiert.

Mehr

Der Regisseur und Aktivist Oleh Sentsov begann schon 2012 mit der Arbeit zu RHINO. Im November 2013 unterbrach er die Dreharbeiten jedoch für seine Teilnahme an den Euromaidan-Protesten. Ein paar Monate später wurde Sentsov auf der von Russland annektierten Krim verhaftet; erst nach seiner Freilassung 2019 wurde der Film fertiggestellt und feierte 2021 in Venedig Premiere. Inzwischen kämpft Sentsov bei den ukrainischen Streitkräften.

Gegenüber dieser bewegten Entstehungsgeschichte ist RHINO als Film ein recht klassisches Gangsterepos: Der Protagonist mit dem Spitznamen Rhino (sprich: mit dem Kopf durch die Wand) wächst in einem ukrainischen Dorf während der Perestroika auf. Durch Kinderbanden, den alkoholkranken Vater und den militanten großen Bruder lernt er schnell, was es heißt, ein Mann zu sein: austeilen und einstecken zu können. Weil er in beidem sehr gut ist, wird er bald vom organisierten Verbrechen engagiert und beweist seine Talente als Schuldeneintreiber. So gut wie seine Mitarbeiter findet sich Rhino jedoch nicht in das schnelle Leben aus Autofahrten, Schießereien und Orgien in der Sauna ein; vergeblich sucht er nach Sinn in einer Welt, die nur durch die Instinkte des Überlebens und des Unterwerfens angetrieben zu sein scheint. Die Erzählung wird durch einige experimentelle Passagen aufgebrochen: Die anfängliche Tour de force durch Rhinos Kindheit ist vielversprechend und seine prägendste Verlusterfahrung wird in einem rotgefärbten hedonistischen Delirium inszeniert. Gleichzeitig verlässt sich RHINO jedoch auf die narrativen Formeln des Genres mit Aufstieg, Verrat und Rachefeldzug, die der Passionsgeschichte des stiernackigen Sünders einiges an Glaubwürdigkeit nehmen. Gerade in der aktuellen Lage ist das Setting der ukrainischen Provinz nach dem Zerfall des sowjetischen Imperiums spannend.

Yorick Berta

Details

Originaltitel: Nosorih
Polen/Ukraine/Deutschland 2021, 101 min
Genre: Drama
Regie: Oleg Sentsov
Drehbuch: Oleg Sentsov
Kamera: Bogumil Godfrejów
Schnitt: Karolina Maciejewska
Musik: Andrey Ponomaryov
Verleih: Ma.Ja.De.
Darsteller: Serhii Filimonov, Yevhen Chernykov, Yevhen Grygoriev, Alina Zevakova
Kinostart: 03.11.2022

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.