Mitfahrgelegenheiten bringen oft ungewollte Abenteuer mit sich. So erleben auch die fünf zufällig zusammengewürfelten Fahrgäste in Sylvie Michels MORE THAN STRANGERS eine mehr als turbulente Fahrt von Berlin nach Paris. Fahrer Patrick (Cyril Gueï) muss dringend in die französische Hauptstadt, wo seine schwangere Frau jeden Moment mit der Geburt des gemeinsamen Kindes rechnet. Seine Mitfahrer*innen, die nach und nach hinzukommen, haben schweres Gepäck: Griechin Sophia (Smaragda Karydi) leidet unter Problemen mit dem Bankkonto und ihrem sexistischen Ex-Mann. Der aus Ghana geflüchtete George (Léo Daudin) hat keine Aufenthaltserlaubnis und will illegal über die Grenze nach Frankreich, um zu heiraten. Julia (Julie Kieffer) opfert sich trotz Französisch- und Philosophiestudium für einen unbezahlten Job bei einem Start-up auf, und der kiffende Scrum-Master Chris (Samuel Schneider) zeigt mit jedem zurückgelegten Kilometer mehr Interesse an ihr.
Die in Paris aufgewachsene und in Berlin lebende Regisseurin Sylvie Michel (DIE FEINEN UNTERSCHIEDE) erzählt mit MORE THAN STRANGERS eine recht kurzweilige, tragikomische Geschichte über – unfreiwillige – Solidarität auf engstem Raum. Ihr Roadmovie ist ein mehrsprachiges, politisch aufgeladenes Kammerspiel auf Rädern, für das die Regisseurin den Regie-Förderpreis Neues Deutsches Kino gewann. Der doppeldeutige Titel ist treffend gewählt: Sind die fünf sich zunächst mehr als fremd, so bilden sie schon bald eine Schicksalsgemeinschaft, die Solidarität – vor allem mit dem Geflüchteten George – immer wieder neu verhandelt. Die deutsch-französische Regisseurin hätte einige Dialoge mehr zuspitzen und ihre Figuren genauer zeichnen können, liefert aber solide Unterhaltung – und Diskussionsansätze in Zeiten erstarkender rechter Parteien in Europa.

Stefanie Borowsky