Nicht erst die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass zunehmend große Teile der Bevölkerung kein Vertrauen mehr in das haben, was inzwischen gerne diffamierend „Qualitätsmedien“ genannt wird. Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender werden oft nicht mehr als neutrale Instanz wahrgenommen, sondern als Sprachrohr des Systems, als Stimme „von denen da oben.“ In diesen Zeiten von Misstrauen und Fake News kommt dem Journalismus also eine besondere Verantwortung zu, der das Nachrichtenmagazin „Monitor“ seit über 60 Jahren gerecht zu werden versucht. Wie, das zeigt Miguel Müller-Frank in seiner Dokumentarfilm MIT EIGENEN AUGEN. In klassischer Direct Cinema-Manier, zurückhaltend, möglichst neutral und objektiv, beobachtet er die Arbeit der „Monitor“-Redaktion um Redaktionsleiter und Moderator Georg Restle, zufällig in einer journalistisch besonders aufregenden Phase: Während der Dreharbeiten wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke von einem Rechtsradikalen ermordet, ein Ereignis, das die Republik erschütterte und die Nachrichten bestimmte. Auch die „Monitor“-Redaktion beschäftigt sich natürlich mit dem Mord, recherchiert Hintergründe, verfolgt erste Spuren zum Täter, will der Konkurrenz zuvorkommen, dabei aber keine Fehler machen.
Fast minutiös kann man nun beobachten, wie Beiträge entstehen, wie neue Informationen scheinbar sicher Geglaubtes umwerfen, wie um prägnante, aber dennoch präzise Formulierungen gerungen wird, wie guter Journalismus entsteht. Das ist oft zäh, aber gerade dadurch mitreißend, denn im Laufe von MIT EIGENEN AUGEN wird überdeutlich, was für ein Wert diese Art von Journalismus hat: Wenn eine Redaktion Zeit und Möglichkeiten hat, genau zu recherchieren, nicht genötigt ist, wegen einer Schlagzeile schnell und ungenau zu sein, wenn es nicht um Drama, sondern um Information geht.

Michael Meyns