Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Missverstanden

Quietschbunte Wunden der Kindheit

Rom, Mitte der Achtziger: die Ehe von Charlotte Gainsbourg als männerfressender Musikerin und Gabriel Garko als abergläubischem Schauspielstar besteht aus einem Wirbel an Eitelkeiten und Egoismen. Im Auge dieses familiären Sturms findet sich die neunjährige Aria. Quietschbunt, verspielt und mit phasenweise täuschend einlullender Musik erzählt MISSVERSTANDEN vom Horror einer Kindheit.

Mehr

Rom, Mitte der Achtziger: die Ehe von Charlotte Gainsbourg als männerfressender Musikerin und Gabriel Garko (italienisches TV-Idol) als abergläubischem Schauspielstar besteht aus einem Wirbel an Eitelkeiten und Egoismen. Im Auge dieses familiären Sturms findet sich die neunjährige Aria (bezaubernd: Giulia Salerno). Es ist völlig unerklärlich, wie es ihre älteren Schwestern regelmäßig schaffen, ihr die Schuld an Streit, Lärm und Missgeschicken zuzuschieben. Zudem sind beide Eltern ihrem einzigen gemeinsamen Kind gegenüber unglaublich ungerecht. Fassungslos verfolgt man als Zuschauer die Entfaltung der systematischen Gemeinheiten, denen die kleine Missverstandene ausgesetzt ist. Nicht nur ihre ignoranten Eltern, auch die anderen Kinder in der Schule bieten Aria keinen verlässlichen Halt. Selbst ihre beste Freundin, mit der eine innige Ichverschmelzung zelebriert wird, hintergeht sie schändlich. Erzählt wird das Ganze so absurd-komisch, dass ungläubiges Lachen nicht ausbleibt. Aber auch wenn MISSVERSTANDEN quietschbunt, verspielt und mit phasenweise täuschend einlullender Musik daherkommt: eigentlich handelt es sich um einen Horrorfilm. Dass Aria, die zwischen tiefen Verletzungen, unerwarteten Zärtlichkeiten und der großen Freiheit des Ignoriertwerdens im Wechselbad der Gefühle steckt, sich gelegentlich ein ordentliches Stück anarchischen Verhaltens herausnimmt, stimmt dabei wiederum heiter. Vielleicht gelingt es ihr ja mittelfristig, sich übers Schreiben am eigenen Schopf aus dem emotionalen Morast zu ziehen. Regisseurin Asia Argento, Underground-Ikone und selbst Kind exzentrischer Künstlereltern, meint, ihr originelles Werk sei nicht autobiografisch, höchstens ein persönlicher Film, jedenfalls keine Therapie. Das ungeliebte Kind im eigenen Inneren fühlt sich dennoch verstanden.

Anna Stemmler

Details

Originaltitel: Incompresa
Frankreich/Italien 2014, 106 min
Sprache: Italienisch, Französisch
Genre: Drama
Regie: Asia Argento
Drehbuch: Asia Argento, Barbara Alberti
Kamera: Nicola Pecorini
Schnitt: Filippo Barbieri
Verleih: Rapid Eye Movies HE GmbH
Darsteller: Giulia Salerno, Charlotte Gainsbourg, Gabriel Garko
FSK: 12
Kinostart: 22.01.2015

Interview
Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.