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Memoria

Geister am Werk

Jessica (Tilda Swinton) wird von einem dumpfen Knall geweckt. Nur sie kann dieses Geräusch hören,
das sie zunächst ängstigt, das sie aber dann immer wieder hören will.

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Apichatpong Weerasethakuls Filme sind sehr eigen und sicher nicht für jede*n. Manche werden sich langweilen. Aber Weerasethakuls Filme setzen sich fest, wie magische Operationen. Sie setzen ihr eigenes Tempo, aber sie sind nur scheinbar langsam. In den Filmen des thailändischen Meisters sind Geister am Werk.

MEMORIA, sein neuer, international produzierter Film mit Tilda Swinton in der Hauptrolle, beginnt mit einem dumpfen Knall, der Jessica (Swinton) aus dem Schlaf reißt. Nur sie kann dieses Geräusch hören, das sie zunächst ängstigt, das sie aber dann immer wieder hören will. Im akademischen Milieu der Universität von Bogota in Kolumbien versucht Jessica, das Geräusch mit Hilfe des Tontechnikers Hernan zu rekonstruieren. Das gelingt auch, aber plötzlich ist Hernan verschwunden, als hätte er nie gelebt. Jessica glaubt, den Verstand zu verlieren. Sie begegnet Menschen, aber ob die wirklich lebendig sind, ist nicht sicher. Einige sind mindestens zeitweise tot, scheinen damit aber ganz zufrieden zu sein.

Jessicas Schwester lag gerade noch im Krankenhaus. Jetzt sitzt sie im Restaurant und versichert, sich keine Sorgen über den Fluch zu machen, der auf ihrem Amazonas-Forschungsprojekt zu liegen scheint. MEMORIA zeigt Menschen, die – halb lebendig, halb von einer anderen Welt – durch das kolonisierte Land stolpern, uralte Totenschädel in den Händen halten, während irgendetwas sich Bahn bricht. „Wie ein Grollen aus der Tiefe der Erde“, sagt Jessica. Es geht gewiss auch um Themen: Kolonialismus, die Zerstörung des Regenwaldes, die Erfahrung der Fremdheit. Vor allem aber erzeugt Weerasethakul ein unsicheres Gefühl oder vielleicht eher eine Schwingung. Die Realität ist hier zugleich profan und banal, dabei spukt es überall, und die Toten sind unter uns.

Tom Dorow

Details

Kolumbien/ Thailand/ Deutschland/ Mexiko/ Qatar 2021, 136 min
Sprache: Englisch, Spanisch
Genre: Drama
Regie: Apichatpong Weerasethakul
Drehbuch: Apichatpong Weerasethakul
Kamera: Sayombhu Mukdeeprom
Schnitt: Lee Chatametikool
Musik: César López
Verleih: Port-Au-Prince Pictures
Darsteller: Tilda Swinton, Elkin Díaz, Jeanne Balibar, Juan Pablo Urrego, Daniel Gimenez Cacho
FSK: 12
Kinostart: 05.05.2022

Website
IMDB

Vorführungen

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