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Me, We

Realitätsabgleich

David Clay Diaz erzählt Geschichten von Österreicher*innen, die alle in einer Beziehung zu Geflüchteten stehen, und die alle ihre Illusionen mit der Realität abgleichen müssen.

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Der siebzehnjährige Neonazi Marcel will einen Begleitservice für Mädchen einrichten, vorgeblich wegen der „Gefahr durch Asylanten“. Die Singlefrau Petra nimmt den unbegleiteten 17-jährigen Mohammed bei sich auf. Die junge Marie will auf Lesbos Geflüchteten helfen. Der Sozialarbeiter Gerald leitet ein Heim für Asylbewerber.
David Clay Diaz erzählt Geschichten von Österreicher*innen, die alle in einer Beziehung zu Geflüchteten stehen, und die alle ihre Illusionen mit der Realität abgleichen müssen. Zu Nazi Marcel ist der Film dabei noch am freundlichsten: Die Mädchen lachen ihn und seine dummen Kumpels natürlich aus, aber eine findet ihn schließlich doch süß. Das bestmögliche Ergebnis einer rassistischen Trottel-Idee, wenn auch nur für den rassistischen Trottel. Mit den Österreicher*innen, die Gutes tun wollen, ist Diaz weniger gnädig: Petras jugendlicher Syrer Mohammed entpuppt sich als 22 Jahre alter Marokkaner Mansur, der außerdem Frau und Kind hat. Der Plot sieht – nach vielen Demütigungen für Petra – vor, dass Mansur freiwillig in seine Heimat zurückgeht. Somit hat alles wieder seine Ordnung. Der Sozialarbeiter sorgt für die Verhaftung eines unschuldigen Mannes, der ihm in seiner Funktion als Heimleiter unbequem wurde. Marie, die gern Menschen retten würde, gerät bei einem überstürzten Rettungsversuch auf eigene Faust selbst in Seenot und muss von einem Fischerboot aus dem Wasser gezogen werden. Achtzig Menschen ertrinken. David Clay Diaz ist US-amerikanischer und peruanischer Abstammung, hat aber in Wien studiert und die schnöselige Haltung, die viele österreichische Filme auszeichnet (etwa die von Ulrich Seidl, bei dem sich aber immerhin stets einige Leichen im eigenen Keller vermuten lassen) perfekt adaptiert. Der Regisseur hält sich eindeutig für den Klügsten in seinem Film. Wahrscheinlich täuscht er sich.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Me – We
Österreich 2020, 115 min
Genre: Drama
Regie: David Clay Diaz
Drehbuch: David Clay Diaz, Senad Halilbasic
Kamera: Julian Krubasik
Schnitt: Lisa Zoe Geretschläger
Verleih: Four Guys
Darsteller: Lukas Miko, Verena Altenberger, Barbara Romaner, Mehdi Meskar
Kinostart: 06.10.2022

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