Zurückgezogen lebt die große Operndiva Maria Callas (Angelina Jolie) – nur in Gesellschaft von Butler (Pierfrancesco Favino) und Köchin (Alba Rohrwacher) – in ihrer Pariser Wohnung, die einem Märchenschloss gleicht. Die mittlerweile 53-Jährige scheint in der Opulenz ihres Lebenswerks zu versinken: Schwere Vorhänge trennen sie von der Außenwelt, und ihre riesige Ankleide erinnert an einen Kostümfundus. In den unzähligen Galakleidern und Pelzen versteckt Maria die Pillen, die sie jeden Tag in sich hineinschüttet. Das aufopferungsvolle Personal überzeugt sie davon, einen Arzt zu empfangen; dessen Diagnose ist unheilvoll. Auch die von Selbstzweifel gezeichneten Proben, bei denen Maria versucht, ihre Opernstimme wiederzufinden, verheißen nichts Gutes. Nachdem ihr letzter Bühnenauftritt Jahre zurück liegt, lässt sich die Calllas auch noch zu dem reißerischen Filmprojekt eines Journalisten hinreißen.

Immer wieder flüchtet sich der gealterte Bühnenstar in Erinnerungen – oder sind es Visionen, wie Maria selbst sagt? Halluzinationen? Natürlich handelt es sich bei den Schwarz-Weiß-Rückblenden um einen alten Trick aus der Filmkiste, der alle versammelten Traumata der Callas im Schnelldurchlauf vor Augen führt. Da ist das Aufwachsen in der Nachkriegsarmut – erst in New York und dann ohne Vater in Athen –, die zu Marias ersten unfreiwilligen Audienzen führt. Soldaten bezahlen die Mutter für ein paar Stunden mit ihrer schönen Erstgeborenen – und mit deren jüngerer Schwester Maria, die so schön singen kann. Später holt Aristoteles Onassis, damals einer der reichsten Männer der Welt, die Callas von den großen Opernbühnen und stürzt sie ins Unglück, als er nach der kurzen Liebesaffäre die verwitwete Jacqueline Kennedy heiratet.

So schließt sich der Kreis: Nach der First Lady JACKIE und Prinzessin Diana SPENCER widmet sich der letzte Teil der Diven-Trilogie von Pablo Larraín nun der unerreichten Opernlegende Maria Callas in den letzten Tagen vor ihrem Tod 1977. Wie es sich für die Oper gehört, spielen Pathos und Schwermut neben Angelina Jolie die Hauptrollen.

Ist all das Leid die Antwort auf den Ursprung großer Kunst? Das Wechselspiel von Marias melancholischen Spaziergängen vor Eifelturmkulisse und den bombastischen Bühnenauftritten der Callas geht nicht immer auf. Übermächtig bleiben bis zum Schluss die Originalaufnahmen von Maria Callas‘ Operngesang, die sich durch keine noch so großen Gesten der Filmdiva Angelina Jolie ganz einfangen lassen.

Anna Hantelmann