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Lucky

Die Erhabenheit der Landschildkröte

Harry Dean Stanton in seiner letzten Hauptrolle: Lucky lebt eine geruhsame Routine in einer verschlafenen Wüstenstadt. Als er eines Tages umkippt, muss er sich mit dem nahenden Tod auseinandersetzen.

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Es ist praktisch unmöglich, Harry Dean Stanton nicht zu mögen. Der im September 2017 verstorbene Schauspieler hatte bereits 30 Jahre als Western- und TV-Serien-Nebendarsteller hinter sich, als er 1984 mit Alex Cox‘ Punk-Epos REPO MAN („Ordinary fucking people, I hate ´em!“) und Wim Wenders PARIS, TEXAS seinen Durchbruch erlebte. LUCKY ist nicht der letzte Film, den der 91-jährige drehte. Stanton hat noch einen Sheriff in FRANK & AVA gespielt, der später in diesem Jahr erscheinen soll, aber in LUCKY spielt Harry Dean Stanton seine letzte Hauptrolle.
Eine Schildkröte kriecht über die Wüste, nahe der Kleinstadt, in der Lucky lebt. Er steht auf, kocht sich einen Kaffee, trinkt ein Glas Milch und macht, während seine erste Kippe des Tages im Aschenbecher qualmt, seine Yoga-Übungen. Er läuft in ein Café, wo er seinen Stammplatz am Tresen hat, kauft bei der freundlichen Latina eine neue Tüte Milch, und geht wieder nach Hause, um Kreuzworträtsel zu lösen und Quizshows zu sehen. Zwischendurch telefoniert er mit einem Freund. Abends geht er in die Kneipe, wo sich die immer gleiche Gesellschaft einfindet. Es ist eine Art Familientreffen: alte Jungs, dicke Kumpels. David Lynch erzählt von der Erhabenheit der Landschildkröte, 50er-Jahre Teen-Idol James Darren (GIDGET) von der großen Liebe. Als Lucky eines Tages vor einer Digitaluhr umkippt, muss er sich mit dem nahenden Tod auseinandersetzen.
LUCKY ist ein freundlicher Film, in dem Stanton noch einmal in seiner unvergleichlich sanften Art die Ranchera „Volver, Volver“ singt und noch einmal seine stoisch-buddhistische Haltung erklärt. Die Angst und der Schrecken des Alters, die in der letzten Staffel von TWIN PEAKS viel Raum einnahmen, weichen hier einer zarten Melancholie, die an Jim Jarmuschs Filme erinnert. Nicht Harry Dean Stantons bester Film, aber ein schöner und persönlicher Abschied.

Tom Dorow

Details

USA 2017, 88 min
Genre: Drama
Regie: John Carroll Lynch
Drehbuch: Drago Sumonja, Logan Sparks
Kamera: Tim Suhrstedt
Schnitt: Robert Gajic
Musik: Elvis Kuehn
Verleih: Alamode Filmverleih
Darsteller: David Lynch, Harry Dean Stanton, Tom Skerritt, Beth Grant, Ed Begley Jr., Ron Livingston, Barry Shabaka Henley
FSK: oA
Kinostart: 08.03.2018

Website
IMDB

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