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Luanas Schwur

Status: Mann

Albanien in den 50er Jahren: Die Befreiungsversuche der jungen Luana bringen sie in Konflikt mit den Traditionen der Dorfgemeinschaft. Sie beschließt, zur Burrnesha zu werden – zur „eingeschworenen Jungfrau“, die ihren Status als Frau aufgibt und in der Gesellschaft als Mannes gilt.

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Frauen in patriarchalen Gesellschaften sind eingesperrt in viele miteinander verwobene Zwänge. Wer rebelliert, stolpert statt in ein freies Leben oft nur in neue Zwangskonstrukte hinein. So ergeht es der titelgebenden Hauptfigur im Spielfilm LUANAS SCHWUR des albanischen Regisseurs Bujar Alimani. In den 50er Jahren wächst sie in Albanien auf, eines der ärmsten Länder Europas und von 1944 bis 1990 kommunistische Diktatur. Von den geschichtlichen Umwälzungen bekommen Luana und ihre Familie auf dem Land nicht viel mit – sie leben noch immer nach den Regeln des Kanun, ein Verhaltenskodex aus dem 15. Jahrhundert, sowie ihres christlichen Glaubens. „Wir brauchen die Regeln, sie machen uns zu Menschen, egal wie grausam sie uns erscheinen mögen“, sagt ihr Vater, als er erfährt, dass Luana heimlich das Lesen gelernt hat. Luana gibt sich Mühe, sich an seine Weisungen zu halten, doch ihre unerhörten jugendlichen Befreiungsversuche holen sie im Erwachsenenalter wieder ein. Schließlich trifft sie die Wahl, zur Burrnesha zu werden – zur „eingeschworenen Jungfrau“, die ihren Status als Frau aufgibt und in der Gesellschaft die Rolle eines Mannes übernimmt.
Was gewaltvolle Traditionen wie das Gebot der Jungfräulichkeit, Zwangsehen und die Tradition der Blutrache mit Frauen und Familien machen, erzählen Alimani und die deutsche Drehbuchautorin Katja Kittendorf schonungslos. Zugleich betrachten sie auch streitbare Figuren wie Luanas Eltern mit einem differenzierten Blick und zurückhaltendem Optimismus. LUANAS SCHWUR ist ein dichtes Historiendrama, das mit bewegenden Naturaufnahmen in der Abgeschiedenheit der albanischen Berge eine subtile Westernatmosphäre entfaltet. Dabei hinterlässt gerade auch der hervorragende, mit albanischen Volksliedern gespickte Soundtrack einen bleibenden Eindruck.

Eva Szulkowski

Details

Originaltitel: The Albanian Virgin
Albanien/Belgien/Deutschland/Kosovo 2021, 120 min
Genre: Drama
Regie: Bujar Alimani
Drehbuch: Katja Kittendorf
Kamera: Jörg Widmer
Schnitt: Philipp Thomas
Musik: Olaf Didolff
Verleih: Splendid Film
Darsteller: Rina Krasniqi, Kasem Hoxha, Mimoza Azemi, Shkurte Sylejmani
Kinostart: 09.02.2023

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