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Life, Animated

Disney als Tür zur Welt

Im Alter von drei Jahren hört Owen Suskind mit dem Sprechen auf. Diagnose: Autismus. Nach Jahren der Isolation entdeckt sein Vater einen Weg zu ihm: Owen kommuniziert mit den Charakteren seiner geliebten Disney-Filme. Dokumentarfilm.

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Wie grausam, wie unerträglich muss es für Eltern sein, wenn ein quirliger, wacher Dreijähriger seine mühsam erworbenen sprachlichen Fähigkeiten jäh wieder einbüßt? Wenn er gar, wie im Falle des Owen Suskind, Protagonist dieses Dokumentarfilms, komplett mit dem Sprechen aufhört. Ärzte diagnostizieren eine tief greifende Entwicklungsstörung, Autismus. Jahre vergehen, in denen Owen sich nicht nur immer mehr von der Außenwelt abkapselt, sondern er zudem von anderen Kindern gehänselt wird. Vater Ron Suskind aber, auf dessen Buch dieser Film basiert, macht sich zusammen mit seiner Frau Cornelia daran, Owen aus dem „Autismus-Gefängnis“ zu holen. Ihr größter Verbündeter: die Disney-Filme, die sich Owen so gern auf VHS anschaut. Sie sind das Einzige, was Owen beruhigt. Das Einzige, was ihn glücklich stimmt. Eines Tages streift Vater Ron eine Handpuppe über: Jago, den vorlauten Papagei aus ALADDIN. Er fragt seinen Sohn: „Wie ist das, wenn man so ist wie du?“. Owen reagiert, spricht. Die ersten Worte seit Jahren. Es ist so eindeutig wie verblüffend: Nur mit Hilfe der Disney-Charaktere, ob Simba, Jafar oder Arielle, gelingt es Owen, sich einen Reim auf die Welt zu machen. LIFE, ANIMATED rekapituliert Owens Leidens- und Befreiungsgeschichte; er zeigt, wie Owen als 23-Jähriger von Zuhause auszieht um mit seiner Freundin in einer betreuten Wohneinrichtung unterzukommen. Eigentlich, das wird im Verlauf immer deutlicher, geht’s hier noch mehr als um Autismus um die Zumutungen der so genannten Erwachsenenwelt, um die Vertreibung aus dem Paradies der Kindheit, um Elternliebe und Zusammenhalt.
Zum Ende des berückenden Films, der auch von der Wirkmächtigkeit und der Magie einer Kunstform namens Kino erzählt, spricht Owen, fast beiläufig, einen Satz, der einem Tränen in die Augen treiben kann: „Meine Kindheit ist vorbei, aber das ist nicht schlimm“.

Matthias von Viereck

Details

Frankreich/USA 2016, 89 min
Genre: Dokumentarischer Film, Animation, Familienfilm
Regie: Roger Ross Williams
Drehbuch: Ron Suskind
Kamera: Thomas Bergmann
Schnitt: David Teague
Musik: Todd Griffin, Dylan Stark
Verleih: NFP marketing & distribution
Darsteller: Owen Suskind, Gilbert Gottfried, Jonathan Freeman, Ron Suskind
FSK: oA
Kinostart: 22.06.2017

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IMDB

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