Burhan Qurbanis neuer Film KEIN TIER, SO WILD basiert auf dem Shakespeare-Drama RICHARD III, wobei hier aus Richard Rashida wird. Richards „körperliche Unvollkommenheit“, wird zur der Tatsache, dass Rashida eine Frau im Milieu der arabischen Clans ist, die sich durch Intelligenz und Ambition statt durch glamouröse Schönheit auszeichnet.
Gerade wurden auf ihren Befehl hin die Oberhäupter des Lancaster-Clans getötet, was ihrer Familie York den Sieg in einem langen Bandenkrieg brachte, da befiehlt ihr der ältere Bruder Imad, dass sie den gewonnenen Frieden durch eine Heirat mit Ali Lancaster besiegeln soll. Nur immer gehorchen, dienen und sich unterordnen will Rashida nicht und beginnt deswegen zu intrigieren, bis fast alle männlichen Familienmitglieder im Grab sind, und sie selbst auf dem Thron des kriminellen Imperiums sitzt. Immer an ihrer Seite hat sie, ganz Shakespeare-konform, ihre geliebte Amme, wobei deren Unterstützung meist das geübte Töten aller ist, die Rashida aus dem Weg geräumt haben will.

Die Besetzung stellt sich der Herausforderung, die überlebensgroßen Charaktere mit Leben zu füllen und den Geist des elisabethanischen Theaters auf den modernen Gangsterfilm zu übertragen. Kenda Hmeidan als Rashida weiht das Publikum direkt in ihre Pläne ein und macht es zu Kompliz*innen, wie es Laurence Olivier und Ian McKellan als Richard schon taten. Statt von Ambition scheint sie vom puren Hass auf alles und jede*n getrieben zu sein – oder von der Freude daran, wild zu sein wie das Tier, als das sie sich gesehen fühlt. Sie kann nicht zur Ruhe kommen, und so kennt der Film keine Atempause, weder visuell noch auf dem Soundtrack, der übersteuerte Bässe mit arabesken Frauenchören verbindet. Eine gnadenlosere Shakespeare-Adaption dürfte es erstmal nicht geben.

Christian Klose