Neue Notiz
Jibril
Sehnsucht nach Nähe
Die beiden Liebenden in JIBRIL stecken auf ihre jeweils eigene Art fest: Maryam, die dreifache Mutter, ist gefangen in ihrer Routine. Jibril sitzt ganz real hinter Gittern. Die andere Person wird zur Projektionsfläche.
Ein rotziges Grinsen, die Locken fallen ins Gesicht – der Kerl ist ein Hingucker. Doch erst bei der zweiten zufälligen Begegnung funkt es zwischen Maryam und Jibril. Maryams beste Freundin hatte sie gebeten, ein Paket für ihn im Knast abzugeben.
Man spürt, dass der Ort Gefängnis und die damit einhergehenden Umstände auf die Regisseurin Henrika Kull eine Faszination ausgeübt haben müssen, als sie ihr Drehbuch schrieb. Ihre beiden Protagonist*innen befinden sich in einem jeweils eigenen Käfig. Maryam, die dreifache Mutter, ist gefangen in einer Routine, zwischen Kindern und Arbeit. Am Abend entflieht sie in die Gefilde einer arabischen Soap, in der es hochdramatisch zugeht. Jibril steckt ganz real hinter Gittern und tigert durch seine Zelle. Die andere Person wird zur Projektionsfläche. Doch die Sehnsucht nach Nähe kann sich in den kurzen Stunden des Zusammenseins unter Aufsicht nicht einlösen. Es ergibt sich kein tiefergehendes Gespräch. Oder es findet eben genau das Gespräch statt, das sich in solchen Konstellationen in Wirklichkeit ergeben könnte. Nur ist das eben nicht „filmreif“. Kull aber lässt das Banale zu.
Die Nachbarin warnt Maryam vor einem erneuten Fehlgriff, die Mutter versucht, ihr die Basis der Ehe zu erklären. Aber Maryam will sich nicht für den vernünftigen, fleißigen Kollegen entscheiden, sie ist angezogen von Jibril, dem Schwätzer, dem Charmeur. Der redet vom Abitur. Am Ende macht er meist nur Liegestütze. Kulls Film besitzt eine gewisse dramaturgische Rohheit. Es gibt Längen und an manchen Stellen verliert sich die Geschichte, aber am Ende spürt man vielleicht genau deshalb die Liebe der Regisseurin zu ihrem Sujet. Und manchmal reicht Liebe.
Deutschland 2018, 83 min
Genre: Drama
Regie: Henrika Kull
Drehbuch: Henrika Kull
Kamera: Carolina Steinbrecher
Verleih: missingFILMs
Darsteller: Malik Adan, Susanna Abdulmajid
Kinostart: 09.05.2019
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