
Neue Notiz
Jenseits von Schuld
Leben mit dem Unbegreiflichen
Wie gehen Eltern damit um, dass ihr Kind ein Verbrechen begangen hat? Dokumentarfim.
Was macht es mit Eltern, wenn der eigene Sohn ein verurteilter Mörder ist? Ulla und Didi Högel müssen mit dem Unbegreiflichen leben: Ihr Sohn Niels, ehemaliger Krankenpfleger, wurde für 85 Morde an Patient*innen verurteilt, doch möglicherweise hat er deutlich mehr Menschen ermordet. Die Dokumentarfilmregisseurinnen Katharina Köster und Katrin Nemec (VOM LIEBEN UND STERBEN) begleiten das Ehepaar aus Norddeutschland und fokussieren sich dabei auf dessen alltäglichen Umgang mit dem Unvorstellbaren.
Zu Beginn des Films schicken Ulla und Didi, die sympathisch und zugewandt wirken, ihrem Sohn eine Postkarte aus dem Urlaub auf der Nordseeinsel Juist ins Gefängnis, die mit den Worten „Liebe Grüße, Mama und Papa“ endet. Dürfen die beiden ihren Sohn weiterhin lieben, für ihn da sein? Doch wem stünde es zu, das zu bewerten? Die Regisseurinnen geben dem Täter nur indirekt eine Bühne, zeigen keine aktuellen Bilder von ihm. Wenn er mit seinen Eltern telefoniert, ist seine Stimme nur zu erahnen. Ulla und Didi, die vor der Kamera offen und sichtbar bewegt über ihre Gefühle sprechen, müssen während der Dreharbeiten auch damit zurechtkommen, dass ihr Sohn weiterhin in den Medien präsent ist – wegen eines weiteren Gerichtsverfahrens in den Nachrichten und darüber hinaus in fiktionalisierten Formaten.
Der Zugang der Filmemacherinnen ist nicht reißerisch, bleibt respektvoll und feinfühlig. Ullas Zweifeln am Filmprojekt geben Köster und Nemec Raum. Die Regisseurinnen fangen berührende, persönliche, manchmal irritierende Momente aus dem Leben eines Elternpaares zwischen Liebe und Abgrenzung, Verzweiflung und Neuanfang ein. Über allem schwebt die Frage: Warum? JENSEITS VON SCHULD, beim DOK.fest München 2024 mit dem kinokino-Publikumspreis ausgezeichnet, zeigt, dass es manchmal keine – einfache – Antwort gibt.
Deutschland 2024, 79 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Katharina Köster, Katrin Nemec
Drehbuch: Katharina Köster, Katrin Nemec
Kamera: Tobias Tempel
Schnitt: Miriam Märk
Musik: Cico Beck
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 19.09.2024
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