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Im Feuer – Zwei Schwestern

Zwischen Identitäten

Die deutsch-irakische Bundeswehrsoldatin Rojda macht sich auf der Suche nach ihrer Schwester Dilan, die mit kurdischen Partisan*innen gegen den IS kämpft.

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Wer genau ist Rojda (Almila Bagriacik, NUR EINE FRAU) eigentlich? Als junges Mädchen kam sie aus dem Irak und blieb, als der Rest ihrer Familie irgendwann dorthin zurückging, in Deutschland, passte sich an, und ging zur Bundeswehr. Erst, als sie ihre Mutter aus einem griechischen Flüchtlingsheim zu sich holt, wird ihr vor Augen geführt, dass sie eine ganze Welt und eine Art zu leben zurückgelassen hat. Ihrer Mutter schmeckt der Kaffee in Deutschland nicht, und sie will die kurdischen Sender sehen, die den Krieg in allen grausigen Details zeigen, den Rojda viel lieber ausblendet. Irgendwo in diesem Krieg kämpft Rojdas Schwester Dilan gegen den IS, und für ihre Mutter gibt es nur ein Thema, als hätte sie nur die eine Tochter. Also lässt sich Rojda als Dolmetscherin in eine Gebirgsjägereinheit versetzen, die in der Grenzregion kurdische Partisaninnen ausbilden, in der Hoffnung, dort Kontakt mit Dilan aufzunehmen. Die Suche ist mühsam: Die Peschmerga-Kämpferinnen sehen sie als Deutsche, und vertrauen ihr nur langsam, während sich Rojda auf ihrer Suche fast völlig von den Männern in ihrer Einheit absondert. Und je mehr Rojda aus ihrer Welt in Dilans übergeht, desto mehr erlebt sie auch direkt die blutigen Einschnitte, die der Krieg im Land und bei den Leuten, die auch „ihre“ sein sollten, hinterlassen hat. Egal, ob sie ihre Schwester findet oder nicht, durch die Suche verändert sich etwas in der jungen Frau. Aus einer reflexartigen Verteidigung ihrer Identität als deutsche Soldatin wird ein Hinterfragen, welche Teile ihrer Identität wirklich einen essentiellen Kern ausmachen, und was davon Phantome sind, die sich bei intensiver Betrachtung in Luft auflösen. Der Film sagt wenig über den Krieg, aber viel darüber, wie es ist, zwischen zwei Welten gefangen zu sein, die beide behaupten, ein Ganzes zu sein, und der Protagonistin dann doch keine Heimat bieten.

Christian Klose

Details

Deutschland/Griechenland 2020, 93 min
Sprache: Deutsch, Kurdisch, Englisch
Genre: Drama, Kriegsfilm
Regie: Daphne Charizani
Drehbuch: Daphne Charizani
Kamera: Falko Lachmund
Schnitt: David J. Rauschning
Musik: Florian Tessloff
Verleih: missingFILMs
Darsteller: Almila Bagriacik, Zübeyde Bulut, Maryam Boubani, Christoph Letkowski
FSK: 12
Kinostart: 15.07.2021

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IMDB

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Keine Programmdaten vorhanden.

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