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Schweizer Anti-Heimatfilm

Eine unheildrohende Wolke hängt über der Schweiz. Unten im Land breitet sich Panik aus. Es folgen Ausnahmezustand, Hamsterkäufe und fremdenfeindliche Übergriffe. Satirische Dystopie, in der ein junges Schweizer Regiekollektiv mit dem „Heimat“-Mythos abrechnet.

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Die Wolke als Omen für den gesellschaftlichen Zusammenbruch ist in der Literatur ein häufig verwendetes Motiv. In Don DeLillos Roman DAS WEISSE RAUSCHEN von 1984, beispielsweise, versinnbildlicht eine dräuende Wolke die kollektive Entfremdung in einer Welt der medialen Übersättigung und des ungezügelten Konsumismus. Seit der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl steht die Wolke für das das nahende, ultimative Untergangsszenario – die selbstverschuldete Auslöschung der Menschheit. In HEIMATLAND Arbeitet ein junges Schweizer Regiekollektiv mit einer ähnlichen Endzeitstimmung. Die Prämisse des Episodenfilms: eine mysteriöse, magnetisch-aufgeladene Wolke zieht über dem Land auf und droht mit einem Unwetter-Ausbruch unberechenbaren Ausmaßes. Die frühen Sorgen einer Versicherungsgesellschaft über die zu erwartetenden astronomischen Kosten einer solchen Katastrophe, weichen einer Massenpanik, als sich herausstellt, dass die Wolke die Grenzen des Landes nicht verlässt. Es folgen Ausnahmezustand, Hamsterkäufe und Faustrecht im Supermarkt, Exzesse und fremdenfeindliche Übergriffe. Die Filmemacher inszenieren die Heimsuchung als satirische Dystopie einer zerrissenen Gesellschaft. HEIMATLAND funktioniert als lustvoll-provokative Demontage des idyllischen „Heimat“-Mythos, wenn etwa Globalisierungskritiker Jean Ziegler in einem TV-Interview an die Hunderttausend abgewiesenen Juden an den Grenzen während des Zweiten Weltkriegs erinnert und damit auch an die Kontinuität der Flüchtlingspolitik, während zeitgleich die fliehende Bevölkerung selbst an den Grenzen zur EU Einlass fordert. Friedrich Dürrenmatt sprach von seinem Land als „Gefängnis, wohinein sich die Schweizer geflüchtet haben (...) frei als Gefangene im Gefängnis ihrer Neutralität“. In HEIMATLAND werden die Konsequenzen einer solchen Konstruktion in einem bitterbösen Planspiel demonstriert.

Jens Mayer

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