
Neue Notiz
Harvest (2024)
Im 18. Jahrhundert erreichte die Vertreibung von Bauern von den gemeinwirtschaftlich betriebenen Allmende-Flächen ihren Höhepunkt. Athina Rachel Tsangari verfolgt die dadurch entstehenden Risse in Dorfgemeinschaften.
Lange Haare und Schnauzbart, die durch ein Kornfeld waten, ein Käfer auf der Fingerkuppe, Nacktbad im See: Erst die lange Robe des Protagonisten Walter Thirsk (Caleb Landy Jones) deutet an, dass es sich hier nicht um einen LSD-Trip an den Rändern des Fusion-Geländes handelt, sondern um einen Bauern im England des 18. Jahrhunderts.
Zurück im Dorf kippt die Naturidylle, Thirsk erlebt das Inferno einer brennenden Scheune und die ersten Spaltungen im dichten Kollektiv der bäuerlichen Gemeinschaft, die im Laufe des Films immer weiter aufreißen werden. Vorangetrieben wird der Verlust bäuerlicher Existenzweisen, den HARVEST erzählt, durch die Gewalt kapitalistischer Landnahme, den sogenannten Enclosures: Seit dem 15. Jahrhundert wurden Farmer*innen von den gemeinschaftlich bewirtschafteten Flächen vertrieben, um sie durch profitable Weideflächen in Privatbesitz zu ersetzen. HARVEST kehrt die Widersprüche nicht kritisch um, zu einem Kampf zwischen Gut und Böse, David und Goliath, sondern verfolgt die durch die kapitalistische Einhegung des Landes erzeugten Risse bis in ihre Verästelungen in der zunehmend fremdenfeindlichen Dorfgemeinschaft und den von Opportunismus geplagten Gewissen ihrer Mitglieder. Trotzdem leistet sich Regisseurin Athina Rachel Tsangari (CHEVALIER) einen klassischen Bösewicht, der dem Film etwas an Komplexität entzieht, aber Unterhaltungswert verleiht. Wenn der pilzköpfige Erzkapitalist Jordan (Frank Dillane) in das Dorf reitet, meint man die Titelmelodie von BARRY LYNDON zu hören; auch visuell erinnert HARVEST bisweilen an das 70er-Jahre Kino von Stanley Kubrick oder Andrej Tarkovskij. Die Regisseurin erliegt jedoch nie dem Historismus, sondern behandelt ihr komplexes Thema souverän, unterhaltsam und mit perfekt dosierten formalen Experimenten.
Originaltitel: Harvest
Großbritannien/ Deutschland/ Griechenland/ Frankreich/ USA 2024, 131 min
Sprache: Englisch
Genre: Drama, Western
Regie: Athina Rachel Tsangari
Drehbuch: Joslyn Barnes, Jim Crace, Athina Rachel Tsangari
Kamera: Sean Price Williams
Schnitt: Matthew Johnson, Nico Leunen
Verleih: MUBI
Darsteller: Caleb Landry Jones, Harry Melling, Rosy McEwen, Arinzé Kene, Thalissa Teixeira, Frank Dillane
FSK: 16
Kinostart: 22.05.2025
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Harvest (2024)
(Harvest) | Großbritannien/ Deutschland/ Griechenland/ Frankreich/ USA 2024 | Drama, Western | R: Athina Rachel Tsangari | FSK: 16
Im 18. Jahrhundert erreichte die Vertreibung von Bauern von den gemeinwirtschaftlich betriebenen Allmende-Flächen ihren Höhepunkt. Athina Rachel Tsangari verfolgt die dadurch entstehenden Risse in Dorfgemeinschaften.
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