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Hail, Caesar!

No godhead was depicted in this motion picture

Der neue Coen-Film spielt in einem Hollywood Studio der 50er Jahre. Scarlett Johansson gibt im Wasserballett die Badenixe, George Clooney ist Baird Whitlock, ein Charlton-Heston-artiger Megastar. Als Whitlock von der Bande „Die Zukunft“ entführt wird, muss Problemlöser Eddie Mannix (Josh Brolin) ran, um den Schauspieler und, wichtiger noch, die nächste Großproduktion zu retten.

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Der imaginäre Sandalen-Monumentalfilm, der in HAIL, CAESAR! gedreht wird, ist eigentlich eine Variante der Jesusgeschichte. Ziemlich zu Beginn lädt Eddie Mannix (Josh Brolin), der „Fixer“ oder Problemlöser des imaginären Hollywood Studios „Capitol Pictures“ Vertreter der großen christlichen Kirchen und einen Rabbiner ein, um sich abzusichern, dass der Film keine religiösen Gefühle verletzt. Unter den Theologen entspinnt sich zunächst eine Coen-typische Konversation über die Natur Gottes, deren Höhepunkt der christlich-jüdische Schlagabtausch „Gott war mal zornig“ „Ach, und jetzt ist er drüber weg?“ bildet. Gegen das Drehbuch hat aber niemand etwas einzuwenden, nur der griechisch-orthodoxe Kollege merkt an „Das Wagenrennen erschien mir nicht realistisch. Von einem Wagen zum anderen zu springen – ist das überhaupt möglich?“. Sogar den Theologen geht es nur noch um die Special Effects.

Ein klarer Seitenhieb auf die religiöse Selbstzensur Hollywoods und vermutlich auch auf den aktuell grassierenden religiösen Wahn. Geradezu manisch vermeidet HAIL, CAESAR! jede Darstellung Gottes – auch die entsprechenden Szenen des Epos sind noch nicht gedreht und werden in den Sichtungsrollen durch eingeblendete Schrifttafeln „divine presence – to be shot“ ersetzt. Dabei ist die geheime Gottheit, die in Wirklichkeit über diesen mäandernden, entzückenden, verspielten Film präsidiert, das große alte Hollywoodkino selbst. Das Kino der Schauwerte und gänzlich unironischen Gefühle. Ein vollkommen hanebüchener Plot und das Studio-Setting erlauben den Coens, soviel davon wiederzubeleben, wie irgend möglich. So gibt es ein pompöses Wasserballett mit Badenixe (Scarlett Johansson), steppende, schwule Matrosen, den maulfaulen Westerndarsteller Hobey (Alden Ehrenreich), der einen Salto von einem Pferd zum anderen macht, Gitarre spielt und die ganze Chose rettet, den strohdummen Weltstar Baird Whitlock (George Clooney macht sich wieder mit Begeisterung zum Horst) und einen schwergewichtigen Off-Kommentar: „Die Kommunisten genießen einen seltenen Moment der Muße“.

Das ist alles enorm lustig und gleichzeitig enorm liebevoll, fast schon ein bisschen wehmütig. Hobies Westernstunts sind tatsächlich akrobatisch, die Stepptanzszene sehr hübsch choreografiert und komplett ausgespielt. Eigentlich, so denkt man, würden die Coens vielleicht gerne einen Film drehen, in dem eine Regieanweisung allen Ernstes lauten könnte: „In der Feuerschalenszene wird Leidenschaft zu Inbrunst“. Aber im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen wissen sie, dass das nicht mehr geht. Das große alte Hollywoodkino, das „eine kleine Portion Traum gegen den Schmerz der sich abschuftenden Massen“ produzierte, ist unwiderruflich vergangen. Der suspense of disbelief funktioniert so nicht mehr. Und tatsächlich war es, ist es, ja auch eine kapitalistische Verdummungsmaschine. Aber schön war es doch.

Wie geht der Satz noch weiter? Hail, Caesar! Those who are about to die salute you.

Hendrike Bake

Details

USA/Großbritannien 2016, 100 min
Sprache: Englisch
Genre: Komödie, Musical
Regie: Joel Coen, Ethan Coen
Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen
Kamera: Roger Deakins
Schnitt: Joel Coen, Ethan Coen
Musik: Carter Burwell
Verleih: Universal Pictures Germany
Darsteller: George Clooney, Josh Brolin, Scarlett Johansson
FSK: oA
Kinostart: 18.02.2016

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