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Gundermann

Widersprüchlicher Typ

Einerseits Spitzel, andererseits störendes Element unterhielt der ostdeutsche Liedermacher Gerhard „Gundi“ Gundermann zeitlebens eine bewegte Beziehung zum Staat DDR. Biopic.

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„Der Vorteil und der Nachteil des Kollegen ist, dass er sagt, was er denkt“ sagt die alte Baggerfahrerin Helga über ihren jungen Kollegen. Da hat Gundermann, der „singende Baggerfahrer“ gerade die Aufnahme in die Partei beantragt „weil der Marxismus mit meinen persönlichen Überzeugungen übereinstimmt“ und das Aufnahmegesuch mit einem Referat begleitet, was in der Kommunikation zwischen Leitung und Betrieb falsch läuft. Er wird abgelehnt, dann aufgenommen, später fliegt er ganz, aus der Armee ist er auch schon geworfen worden. Immer wieder eckt „Gundi“ an, aber es gibt drei Konstanten in seinem Leben: Die Arbeit im Tagebau, die Auftritte mit der Band und die Liebe zu Conny, die auch bei der Band dabei ist. Gundermann ist ein widersprüchlicher Typ, und Alexander Scheer spielt ihn in der Performance (s)eines Lebens so unglaublich vieldimensional, dass die Top-Leute neben ihm (Anna Unterberger, Axel Prahl, Milan Peschel…) wie Schauspieler wirken. Ob Gundermann so war? Egal. Hier ist einer, der so lebensecht die Nase hochzieht, einen so eigenen Sprachduktus hat und eine so sture Persönlichkeit, dass man ihn einfach glaubt. Und hinnimmt, wenn auch nicht versteht, dass einer im realsozialistischen Alltag so kantig sein konnte und zugleich von 1976 bis 1984 als IM für die Stasi arbeitete. Andreas Dresen verschränkt in seinem Gundermann-Biopic elegant zwei Zeitebenen: Die Zeit nach 1992, als Gundermann mit seiner neuen Band Die Seilschaft Erfolge feiert und seine Spitzelaktivitäten ans Licht kommen, und 1974 und die Folgejahre, als alles anfing, die Affäre mit Conny, die Kontaktaufnahme der Stasi, die Ausbildung zum Baggerführer, die Band Brigade Feuerstein. Dresen erzählt, was war, aber er erklärt nicht weg, was sich nicht wegerklären lässt. Die Widersprüche bleiben. GUNDERMANN ist ein großer, intimer Film, mit großen Kinobildern (Braunkohletagebau!) und so viel Musik, dass man ihn fast ein Musical nennen könnte.

Hendrike Bake

Details

Deutschland 2018, 128 min
Genre: Drama
Regie: Andreas Dresen
Drehbuch: Laila Stieler
Kamera: Andreas Höfer
Verleih: Pandora Film
Darsteller: Peter Schneider, Alexander Scheer, Milan Peschel, Axel Prahl, Thorsten Merten
FSK: oA
Kinostart: 23.08.2018

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IMDB

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