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Eine Nacht in Helsinki

Männer ohne Abstand

Wie alle öffentlichen Plätze in Helsinki, ist auch die Kneipe von Heikki in der Pandemie geschlossen. Doch dann klopft Risto, der Trost und Wein bei seinem Freund sucht. Und schließlich gesellt sich Juhani zu ihnen, der eigentlich nur sein Handy irgendwo aufladen will ...

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Die Covid-Pandemie hat das europäische Arthouse-Kino erreicht. Nach dem Berlinale-Gewinner BAD LUCK BANGING OR LOONY PORN von Radu Jude, nutzt auch Mika Kaurismäki die Pandemie als Hintergrund für sein Charakterdrama um drei Männer in der Lebenskrise. Mehr als Judes Film merkt man GRACIOUS NIGHT die Entstehung unter Pandemiebedingungen an. Von den eindrucksvollen Aufnahmen des menschenleeren Helsinki unter dem Lockdown, verlagert sich die Handlung schnell in einen abgesteckten Handlungsraum. Wie alle öffentlichen Plätze in der Stadt, ist auch die Kneipe von Heikki geschlossen. Als der Abend beginnt, betritt er die Bar mit einem Kanister Benzin, deckt den Tisch und serviert sich eine Henkersmahlzeit bei Kerzenschein. Doch dann klopft Risto. Der Doktor erhielt am Ende des zermürbenden Arbeitstags in der Klinik die Meldung, dass eine junge Patientin gestorben ist, und sucht Trost und Wein bei seinem Freund. Heikki schenkt ihm ein, und es dauert nicht lange, bis sich ein Dritter zu ihnen gesellt: Juhani will eigentlich nur sein Handy irgendwo aufladen, doch seine Absichten scheinen nicht ganz ehrlich zu sein. Das Kammerspiel kommt weitgehend mit diesen drei Personen aus. Erst später wird die Konstellation aufgebrochen. Ansonsten sind die drei Männer mit ihren Problemen gemeinsam allein. Der Alkohol tut sein Übriges. Eine Offenbarung sorgt für Spannung, doch im Kern konzentriert sich Kaurismäki auf die pointierten Dialoge, die vom überzeugenden Ensemble weitgehend improvisiert wurden. Jeder von ihnen entwickelte seine Figur individuell, und erst in der Kneipe kamen sie zusammen. Über allem leuchtet das Neonschild mit der Corona-Werbung als offensichtliches Augenzwinkern. GRACIOUS NIGHT ist ein dialoglastiges Drama und nicht ohne Längen, aber getragen von seinen Darstellern und finnischen Schlagern voll Sehnsucht.

Lars Tunçay

Details

Originaltitel: Yö Armahtaa
Finnland 2020, 90 min
Genre: Drama
Regie: Mika Kaurismäki
Drehbuch: Mika Kaurismäki, Sami Keski-Vähälä
Kamera: Jari Mutikainen
Schnitt: Mika Kaurismäki, Eero Tammi
Verleih: Arsenal Filmverleih
Darsteller: Kari Heiskanen, Anu Sinisalo, Pertti Sveholm, Timo Torikka
Kinostart: 20.01.2022

Website
IMDB

Vorführungen

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