Die junge Afghanin Donya (Anaita Wali Zada) arbeitete als Übersetzerin für das US-Amerikanische Militär in Kabul, bis sie nach der Machtübernahme durch die Taliban gezwungen wurde, in das nordkalifornische Fremont zu flüchten. Geplagt von Schuldgefühlen und Schlaflosigkeit, ausgelöst von Gedanken an ihre zurückgebliebene Familie, verlebt sie ihre Tage zwischen monotoner Arbeit in einer Glückskeksfabrik, wöchentlichen Therapiesitzungen mit einem Pro-Bono Therapeuten (Gregg Turkington) und der Einsamkeit ihrer kleinen Wohnung. Als die Autorin der Glückskekstexte während der Arbeit stirbt, nutzt Donya ihre Chance und mischt, auf der Suche nach sinnstiftender Bekanntschaft, einen Zettel mit ihrer Telefonnummer in die Glückskekse.
Babak Jalali’s FREMONT ist eine entschleunigte Mischung aus Immigrationsdrama und Komödie mit staubtrockenem Humor und subtiler Kritik am „American Dream“. Jalali fängt die Tristesse, die Donyas Leben beherrscht, in wunderschönen schwarz-weißen Bildern ein und spielt gekonnt mit der Komposition im verwendeten 4:3 Bildformat. Sein Stil erinnert dabei deutlich an Jim Jarmuschs Arbeit, wirkt aber keinesfalls kopiert. Der Film beschränkt sich inhaltlich auf einen kurzen, nahezu von Konflikten befreiten Auszug aus Donyas Leben, der wie ein erster Akt einer klassischeren Romanze wirkt, aber doch einen vollständigen Eindruck in die Gefühlswelt der Hauptfigur bietet. FREMONT stellt nicht Donyas Flucht, Fremdenfeindlichkeit oder Integrationsprobleme in den Mittelpunkt, sondern zeichnet Menschen mit Sehnsüchten und Emotionen. Zwischenmenschliche Begegnungen sind immer real und menschlich, wirken aber wie durch Donyas Schlaflosigkeit hindurch gefilmt, als wäre jeder Satz, jede Handlung von einem Schleier aus Müdigkeit umgeben.

Lukas Hoffmann