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Freiheit

Nora geht weg

Nora ist um die 40, hat Mann und Kinder – und geht eines Tages einfach weg. Eindringliche Charakterstudie, die die Frage, was Freiheit ist und darf, bewusst nicht beantwortet.

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Ihre Kinder schlafen nebenan, ihr Mann sitzt vor dem Fernseher und Nora hält die Klinke der Wohnungstür in der Hand. Der Blick der 40-Jährigen ist unsicher und zugleich entschieden, sie weiß: „Ich muss gehen.“ Nora hat beschlossen, ihre Familie und ihr bisheriges Leben zu verlassen und tut es dann auch. Das ist die Ausgangslage, anhand derer Regisseur Jan Speckenbach unseren Freiheitsbegriff hinterfragt.

In den Mittzwanzigern haftet dem Wort „Freiheit“ noch etwas Leichtes an. Protagonistin Nora sucht in FREIHEIT hingegen danach, obwohl sie bereits zahlreiche Verpflichtungen eingegangen ist. Ihr Versuch der Selbstfindung ist keine jugendliche Phase, es ist eine Unternehmung, die moralische Fragen aufwirft und weitreichende Konsequenzen hat.

Zunächst reist Nora konfus durch europäische Städte und gibt sich dabei falsche Namen: Einmal ist sie Petra, einmal Christine und dann wieder Susanna. Während ihre Familie daheim mit dem Weggang der Mutter zu kämpfen hat, führt Nora ein Leben auf der Flucht und deshalb zunächst ein aufregendes. Sie macht neue Bekanntschaften. Sie hat einen Quickie mit einer Supermarktbegegnung. Sie verpasst sich einen neuen Haarschnitt. Und sie findet einen Job in der Slowakei. Obwohl das rasant und drastisch vonstatten geht, kauft man Nora ihr Handeln in jedem Moment ab. Einen großen Anteil daran hat Schauspielerin Johanna Wokalek, die aus ihrer Rolle eine präzise Charakterstudie macht. Bei Wokalek spielt sich die Bedeutung von „Freiheit“ in Nuancen ihrer Mimik ab. Mal ist sie voller Lebensfreude, dann wieder zu Tode betrübt, liegt an die Decke starrend in dunklen Hotelzimmern. Was „Freiheit“ bedeutet – der Film beantwortet es nicht. Vielleicht, weil es keine Antwort darauf gibt.

Christine Stöckel

Details

Deutschland/Slowakei 2017, 100 min
Genre: Drama
Regie: Jan Speckenbach
Drehbuch: Jan Speckenbach, Andreas Deinert
Kamera: Tilo Hauke
Schnitt: Jan Speckenbach
Verleih: Film Kino Text
Darsteller: Johanna Wokalek, Inga Birkenfeld, Hans-Jochen Wagner, Andrea Szabová
FSK: 12
Kinostart: 08.02.2018

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