„Let's make minorities great again!“ konstatierte der Filmkritiker Toby Ashraf am Ende seiner Anmoderation zum Generation 14plus-Beitrag FREAK SHOW. Damit bezog er sich direkt auf ein Zitat aus dem Film, in dem eine unsympathische Highschool-Schülerin einmal Trumps „Let's make America great again!“ heraus posaunt. Die Langfilmdebütantin Trudie Styler, zuletzt als Produzentin an AMERICAN HONEY beteiligt, ahnte während der Dreharbeiten nicht, dass Trump tatsächlich Präsident der Vereinigten Staaten werden würde. Im neuen politischen Kontext erscheint ihre Adaption des Romans von James St. James nun umso dringlicher.

Der Teenager Billy Bloom bekommt an der neuen Highschool arge Probleme, weil er als Drag Queen mit Frauenkleidern, reichlich Lipgloss und Wimperntusche in den Unterricht kommt. Das tut er quasi als Hommage an seine verschwundene Mutter (Bette Midler), die an eine der Über-Mütter aus den Filmen von Pedro Almodóvar erinnert. Wenn Billy Selbstgespräche vor dem Spiegel führt, hängt da passenderweise auch ein Foto der vergötterten Mutter. An der Schule stoßen seine Outfits auf scharfe Ablehnung, allein die viel und schnell sprechende Blah Blah Blah (AnnaSophia Robb) und der kunstinteressierte Footballspieler Flip (Ian Nelson) machen Billy nicht fertig. Als ein paar Mitschüler den extravaganten Teenager für fünf Tage ins Koma prügeln, denkt dieser nicht ans Aufgeben, sondern tritt bei der Wahl zur diesjährigen Homecoming Queen an.

Ein echtes Highlight ist der Brite Alex Lawther in der Hauptrolle, der den jungen Alan Turing in THE IMITATION GAME spielte und in FREAK SHOW zur Höchstform aufläuft. Lawther kommt in so gut wie jeder Szene vor und zieht die Sympathien komplett auf sich. Das liegt auch an den phantasievollen Kostümen, wenn Billy etwa als Mia Wallace oder Meerjungfrau auftritt, doch die Outfits machen Lawthers fein akzentuierte Performance nicht allein aus. Der Mime spielt den schlagfertigen Billy mit der perfekten Mischung aus Würde und Verletzbarkeit. Billy ist keiner, der schnell aufgibt. Für seine Peiniger hat er immer einen bissigen Spruch parat und denkt nicht daran, sich auf äußeren Druck hin zu ändern. Trudie Styler bereitet ihm mit knallbunten Bildern, die in allen Ecken glitzern und funkeln, eine stilisierte Bühne. So überzeugt FREAK SHOW nicht nur filmisch, sondern auch als herrlich unterhaltsames und gefühlvolles Plädoyer gegen Homophobie und Konformismus.

Christian Horn