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Familie Brasch

DDR-BRD-Zeitgeschichte

Vater Horst Brasch war FDJ-Gründer und SED-Funktionär, die Kinder Thomas, Klaus, Peter und Marion allesamt Künstler, Autoren, Schauspieler, Schriftsteller. Annekathrin Hendels Dokumentarfilm lässt die Familiengeschichte zwischen Macht und Ausbürgerung Revue passieren.

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„Eine deutsche Familie“ könnte man Annekatrin Hendels Dokumentarfilm auch nennen, oder müsste man ganz genau sagen: Eine ostdeutsche Familie? Horst hieß der Vater, 1922 geboren, der schon während des Zweiten Weltkriegs im englischen Exil die FDJ gründete und nach der Rückkehr zahlreiche, immer wichtiger werdende Positionen in der DDR einnahm. Thomas, Klaus, Peter und Marion heißen seine Kinder, zwischen 1945 und 1961 geboren, allesamt Künstler, Autoren, Schauspieler, Schriftsteller, mehr oder weniger radikal, zum Teil ausgebürgert, zum Teil angepasst – und bis auf Marion Brasch alle jung gestorben.
Eine faszinierende Familie ist das, eine faszinierende Geschichte, die sich vor allem im Osten abspielte, aber auch im Westen. Anhand von Interviews mit den Überlebenden, mit Freunden und Frauen, mit Kindern und Enkeln, unterlegt mit Archivaufnahmen und Passagen aus Marion Braschs Roman Ab jetzt ist Ruhe. Roman meiner fabelhaften Familie erzählt Hendel von einer Familie, die vielleicht nicht prototypisch für die DDR ist, aber mit ihren vielfältigen Biografien und den durch die Rolle des Vaters besonders prägnanten Generationenkonflikten viel über die Realität der DDR erzählt. Besonders frappierend war dies 1968 zu spüren, als Thomas Brasch wegen Verteilung regimekritischer Flugblätter im Gefängnis saß, wo ihn der einflussreiche Vater zwei Monate schmoren ließ. Ein paar Jahre später wurde Thomas aus dem Land geworfen und die Familie getrennt, deren Schicksal so eng mit der Geschichte der DDR verbunden war. Fast buchstäblich, denn am 18. August 1989 stirbt der pater familias Horst Brasch, ein paar Wochen vor dem Fall der Mauer. Besser hätte es kein Drehbuchautor erfinden können und so muss Annekatrin Hendel auch nicht mehr tun, als den Zeitzeugen zuzuhören und diese erstaunliche, vielsagende Familiengeschichte, die so viel über die jüngere deutsche Geschichte erzählt, für sich stehen zu lassen.

Michael Meyns

Details

Deutschland 2018, 90 min
Genre: Dokumentarfilm, Biografie, Familiengeschichte
Regie: Annekatrin Hendel
Drehbuch: Annekatrin Hendel, Jörg Hauschild
Kamera: Thomas Plenert, Martin Farkas
Schnitt: Jörg Hauschild
Verleih: Edition Salzgeber
FSK: 6
Kinostart: 16.08.2018

Website
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