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Eine Erklärung für alles

Das Politische und Private

Um sein Versagen in der Geschichtsprüfung zu kaschieren, wirft Abeld seinem Lehrer Parteilichkeit vor. Die unbedacht ausgesprochene Lüge entwickelt sich zum nationalen Skandal.

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Am Montag verliebt sich Abel. Dabei müsste der Gymnasiast eigentlich für die Abiturprüfung lernen. Aber der Stoff will nicht hinein in seinen Kopf. Nicht, dass sich Abel großartig anstrengen würde. Er ist jung und hängt lieber mit seinen Freunden in seiner Heimatstadt Budapest ab. Vor allem mit Janka. Denn in sie ist er heimlich verliebt. Gegenseitig stützen sie sich in den Vorbereitungen für die mündliche Prüfung. Doch während Janka mit wehenden Fahnen besteht, bekommt Abel keinen Ton heraus. Um sein Versagen vor seinem Vater zu kaschieren, erfindet er eine Geschichte: Sein Geschichtslehrer habe ihn seit dem letzten Elternabend ohnehin auf dem Kieker und er sei nur durchgefallen, weil er während der Prüfung einen Anstecker in den Farben der ungarischen Flagge trug. Die unbedacht ausgesprochene Lüge entwickelt sich alsbald zum nationalen Skandal, als eine junge Journalistin auf die Geschichte aufmerksam wird.

Pointiert und clever konstruiert Gábor Reisz seine satirische Komödie. Er zeigt die Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven und zeichnet damit ein vielfältiges Bild der (Selbst)Wahrnehmung. Da ist Abel, der sich der Tragweite seiner Tat nicht so recht bewusst ist. Sein Vater, ein überzeugter Anhänger der rechtspopulistischen Fidesz-Partei, kommentiert den Untergang seines Landes mit Wut und Verbitterung. Der Leidtragende ist Abels Lehrer Jakob, der Job und Familie mehr schlecht als recht jongliert, weil er zu sehr von sich selbst eingenommen ist, um zu erkennen, dass alle anderen das Vertrauen in ihn längst verloren haben.

Sie sind die Darsteller in einem Zirkus, einem Ungarn unter der Regierung Viktor Orbáns, in dem sich die Gemüter in Windeseile erhitzen. Die Menschen sind unzufrieden mit der Situation in einem Land, wo ein Lehrer 500 Euro im Monat verdient und auch ein angesehener Architekt sich nicht mehr als eine dunkle 3-Zimmer-Mietwohnung leisten kann. Die Gesellschaft ist geteilt in Lager und die bestimmen die Meinungen. Jeder wähnt sich im Recht und bald geht es nicht mehr um die eigentliche Sache. Regisseur und Drehbuchautor Reisz zeigt eine Gesellschaft im Brennglas, in der das Politische ins Private hinein reicht. Damit bringt er die Polarisierung, die derzeit viele Gesellschaften in der Welt bestimmt, auf den Punkt. Leidtragend sind die jungen Menschen, deren Erwachsenwerden immer auch mit einer politischen Positionierung einhergeht. Sie bekommen den Druck direkt zu spüren. Dabei wollen sie eigentlich nur jung und frei sein. All das fängt Gábor Reisz in seinem meisterhaften Film nachvollziehbar, menschlich und unglaublich unterhaltsam ein und erhielt dafür Preise in Venedig, Chicago und beim Münchener Filmfest.

Lars Tunçay

Details

Originaltitel: Magyarázat mindenre
Ungarn/Slowakei 2023, 151 min
Sprache: Ungarisch
Genre: Drama, Coming of Age
Regie: Gábor Reisz
Drehbuch: Gábor Reisz, Éva Schulze
Kamera: Kristóf Becsey
Schnitt: Vanda Gorácz, Gábor Reisz
Musik: András Kálmán, Gábor Reisz
Verleih: Grandfilm
Darsteller: Gáspár Adonyi-Walsh, István Znamenák, András Rusznák, Rebeka Hatházi, Eliza Sodró
Kinostart: 19.12.2024

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(Magyarázat mindenre) | Ungarn/Slowakei 2023 | Drama, Coming of Age | R: Gábor Reisz

Um sein Versagen in der Geschichtsprüfung zu kaschieren, wirft Abeld seinem Lehrer Parteilichkeit vor. Die unbedacht ausgesprochene Lüge entwickelt sich zum nationalen Skandal.

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