Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Eine deutsche Partei

Beobachtende Doku

Simon Brückner begleitet fünf Abgeordnete der AfD mit der Kamera

Mehr

„Ist das beabsichtigt, das alles aufzeichnen zu lassen?“ – Der Blick über die Schulter, direkt in die Kamera, ist unsicher. Darf das, was hier gerade besprochen wurde, nach außen dringen? Was wird davon im Film zu sehen sein? „Wenn das in 22/23 erscheint, dann haben wir da ein großes Problem weniger. Wenn das morgen im Spiegel stehen würde und die Sozialdemokraten spitz kriegen wie wir dastehen, wäre das etwas anderes.“ Zwei Jahre lang begleitete Simon Brückner die AfD-Basis auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene mit der Kamera. Über 500 Stunden Material drehte er und das alles mit Zustimmungen der Parteifunktionäre. Über Monate hinweg hatte er sich das Vertrauen der Politiker erarbeitet. Für ihn sollte der Film ein Forschungsprojekt darstellen. Wichtig war aber auch, dass die AfD kein Mitspracherecht am Schnitt haben sollte.

Brückner zeigt eine zerrissene Partei voller Individualisten, die keine klare Linie zu verfolgen scheint. Das zeigt sich im Film etwa bei der Diskussion über die fehlende Parteilinie im Umgang mit der Pandemie. Während die einen mit den Querdenkern kuscheln, gehen anderen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Pandemie nicht weit genug. In einer anderen Szene debattiert die Bundestagsfraktion über den Antrag, dass in jeder Schulklasse Deutschlandflagge und Grundgesetzt vorhanden sein sollten. Einzelne Mitglieder haben jedoch Zweifel, ob die Ziele der Partei auch wirklich mit dem Grundgesetzt vereinbar sind. Am Ende einigt man sich darauf, den Vorstoß als „Schaufensterantrag“ zu instrumentalisieren, um die anderen Parteien vorzuführen.

Brückner kommentiert das alles nicht, er bildet es nur ab. Eine bewusste Entscheidung, die dem Zuschauer die eigene Interpretation überlässt. Am Ende der filmischen Beobachtung steht die Partei vor einem Scheideweg. Viele der gemäßigten Kräfte haben das Boot verlassen. Was bleibt ist der radikale Arm der Partei. Ob die Wähler diesen Weg mit beschreiten, bleibt abzuwarten. Simon Brückners Film hilft dabei, sich ein Bild dieser „deutschen Partei“ zu machen.

Lars Tunçay

Details

Originaltitel: Eine Deutsche Partei: A German Party
Deutschland 2022, 110 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Simon Brückner
Drehbuch: Simon Brückner
Kamera: Simon Brückner
Schnitt: Sebastian Winkels, Gesa Marten
Verleih: Majestic Filmverleih
FSK: 12
Kinostart: 16.06.2022

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.