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Ein Haus in Ninh Hoa

Bedächtige Spurensuche

Schauplatz des ruhig beobachtenden Dokumentarfilms ist das titelgebende Haus in Ninh Hoa, einer kleinen Ortschaft an der Südküste Vietnams, Stammsitz der Familie Le Thi, deren Geschichte auf vielfältige Weise die wechselvolle Geschichte Vietnams spiegelt.

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Für EIN HAUS IN NINH HOA, eine Studie in Minimalismus des deutsch-vietnamesischen Regie-Duos Philip Widman und Nguyen Phuong-Dan, muss man viel Geduld mitbringen. Fast ausschließlicher Schauplatz ihres ruhig beobachteten Dokumentarfilms ist das titelgebende Haus in Ninh Hoa, einer kleinen Ortschaft an der Südküste Vietnams, Stammsitz der Familie Le Thi, deren Geschichte auf vielfältige Weise die wechselvolle Geschichte Vietnams spiegelt. Auf welche Weise wird nach und nach enthüllt, in oft beiläufigen Kommentaren, scheinbar nebensächlichen Gesprächsfetzen, die man leicht überhört. Ein Besuch von Verwandten aus Deutschland, wo ein Teil der Familie seit Anfang der 70er Jahre lebt liefert eine lose Struktur. Einer der Brüder arbeitete in der Botschaft Südvietnams, einem Land also, das bald schon nicht mehr existieren sollte und dessen Untergang den Bruder zum Leben im Exil zwang. Ein anderer Bruder verschwand in den Wirren des Krieges, allein der dritte im Bunde, der nach dem Krieg in ein Umerziehugslager geschickt wurde, lebt noch im Haus in Ninh Hoa, in dem heute ansonsten die Schwestern das Kommando haben.
In ruhigen, meist starren Bildern zeigen Widman und Nguyen das Haus und seine Umgebung. Die präzisen Aufnahmen erinnern an die Architekturfilme Heinz Emigholz, beobachten hier jedoch nicht nur Gebäude, sondern eine sich wandelnde Gesellschaft. Längst hat sich Vietnam vom Sozialismus verabschiedet, sind die Spuren des wachsenden Kapitalismus zu erkennen, der auch in einem kleinen Nest wie Ninh Hoa einschneidende Veränderungen hinterlässt. Gleichzeitig leben die Traditionen fort, versucht einer der Besucher aus Deutschland mit einem spirituellen Medium Kontakt zum verstorbenen Bruder aufzunehmen. In 100 bedächtigen Minuten entsteht so ein vielschichtiges Bild einer Gesellschaft im Wandel, in der die Spuren der Geschichte auf vielfältige Weise spürbar sind.

Michael Meyns

Details

Deutschland 2016, 108 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Philip Widmann
Drehbuch: Philip Widmann
Kamera: Philip Widmann
Verleih: Grandfilm
FSK: oA
Kinostart: 05.01.2017

Website

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