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Die Unsichtbaren – Wir wollen leben

Untergetaucht im Nazi-Berlin

Etwa 7.000 Menschen entkamen dem Nazi-Terror in Berlin, indem sie „untertauchten“ und versuchten, in der Illegalität zu überleben. Der Film von Claus Räfle erzählt die Geschichten von vier von ihnen: Cioma Schönhaus, Ruth Arndt, Eugen Friede und Hanni Lévy.

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Nicht mehr arbeiten, studieren, zur Schule oder zum Arzt gehen dürfen, nicht Busfahren, tanzen gehen, kein Fahrrad, Radio oder Haustier mehr besitzen und nirgendwo wohnen dürfen, weil der eigene Name auf einer Deportationsliste steht – wie viel Spielraum und welche Perspektive bleiben einem Menschen in einer solchen Situation? Für 160.000 in Berlin lebende Jüdinnen und Juden schien 1943, als die Stadt „judenfrei“ gemacht werden sollte, die einzige Zukunft der Tod in den Vernichtungslagern der Nazis. Etwa 7.000 Menschen entkamen, indem sie „untertauchten“ und versuchten, in der Illegalität zu überleben. Der Film von Claus Räfle erzählt die Geschichten von vier von ihnen.
Cioma Schönhaus, Ruth Arndt, Eugen Friede und Hanni Lévy erzählen als betagte Damen und Herren von der Zeit als „Unsichtbare“: Ständig die Gefahr der Entdeckung, Angst als Normalzustand, großer Lebenswille und erstaunlicher Erfindungsreichtum: Cioma fälscht Dokumente für untergetauchte Juden, Hanni färbt sich die Haare blond, Ruth spielt Kriegerwitwe und Eugen gerät in eine Widerstandsgruppe – ihre Geschichten sind so spannend, dass sie ein gutes Spielfilmdrehbuch abgäben. Wohl deshalb inszeniert Räfle die dramatischsten Momente als Spielszenen. Die Mischung von Spiel- und Dokumentarfilm wirkt in vielen Filmen, als traute ein Filmemacher beiden Formen nicht so recht - hier funktioniert sie bruchlos, beide Ebenen ergeben einen Erzählfluss. Aaron Altaras, Alice Dwyer, Ruby O. Fee und Max Mauff verkörpern einfühlsam die Not und die Tatkraft der jugendlichen Untergetauchten, die im Alter ohne Verklärung oder Bitterkeit auf diese dramatische Lebensphase zurückblicken. Sie sind den auch im Film porträtierten Helferinnen und Helfern dankbar und froh über den eigenen Mut zu einem Schritt, der ihnen das Überleben ermöglicht hat.

Susanne Stern

Details

Deutschland 2017, 110 min
Genre: Dokumentarischer Film, Drama, Historienfilm
Regie: Claus Räfle
Drehbuch: Claus Räfle, Alejandra López
Kamera: Jörg Widmer
Schnitt: Jörg Hauschild, Julia Oehring
Verleih: Tobis Film GmbH
Darsteller: Alice Dwyer, Max Mauff, Ruby O. Fee, Aaron Altaras
FSK: 12
Kinostart: 26.10.2017

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IMDB

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