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Die letzte Stadt

Dialoge in fließenden Räumen

Ein Archäologe und ein Waffenhändler, die sich daran erinnern in einem früheren Leben Filmemacher und Psychiater gewesen zu sein, führen einen ununterbrochenen Dialog über Familie, das Verhältnis von Jung und Alt, Waffendesign, Kosmologie und Kriegsschuld.

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Man kann nicht behaupten, dass Heinz Emigholz in den letzten dreißig Jahren einem breiteren Publikum bekannt geworden ist, zu spröde und sperrig sind seine Architekturfilme, in denen er in starren, oft leicht verkanteten Einstellungen Bauwerke filmt, ja, seziert. Die Architektur steht diesmal nicht im Vordergrund, spielt als wechselnder Hintergrund jedoch eine wichtige Rolle.

In der Berlinale-Sektion Encounters wurde DIE LETZTE STADT im letzten Jahr gezeigt, wo er gut aufgehoben war: ein schwer zu greifender Film, ganz eigen, ungewöhnlich und anspruchsvoll. Erzählt wird von einem Archäologen und einem Waffenhändler, die sich daran erinnern, in früheren Leben ein Filmemacher bzw. Psychiater gewesen zu sein. Das Duo befindet sich in der israelischen Stadt Be’er Sheva, anfangs in einem Ausgrabungsfeld, später in einer Schule und einem Hotelzimmer. Sie führen zwar einen fast ununterbrochenen Dialog, bewegen sich durch den Schnitt jedoch kaum merklich transportiert durch die Geografie der Stadt und bald der Welt: Fließend geht es weiter nach Athen und Berlin, Hong Kong und São Paulo, doch nicht nur die Orte wechseln, sondern auch die Schauspieler der Rollen wechseln immer wieder, lassen Raum und Zeit, letztlich die Menschheit, zu einem großen Ganzen verschwimmen.

Und so frei und grenzenlos Orte und Rollen wechseln, so frei bewegt sich Emigholz durch wechselnde Themenfelder: Familie, das Verhältnis von Jung und Alt, Waffendesign, Kosmologie und Kriegsschuld. In dichten Dialogen sprechen seine Protagonisten über diese Themen, reihen Gedanken und Überlegungen aneinander, die mal zum Absurden, dann wieder zum Ernsthaften neigen. Keine leichte Kinokost, aber für einen offenen Geist sehr nahrhafte.

Michael Meyns

Details

Deutschland 2020, 100 min
Genre: Drama
Regie: Heinz Emigholz
Drehbuch: Heinz Emigholz
Kamera: Heinz Emigholz
Schnitt: Till Beckmann
Musik: Alexander Paulick, Andreas Reihse
Verleih: filmgalerie 451
Darsteller: John Erdman, Jonathan Perel, Young Sun Han, Dorothy Ko, Susanne Sachsse, Laurean Wagner
FSK: 18
Kinostart: 21.10.2021

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