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Die drei Musketiere: D'Artagnan

Neues Franchise

Die französische Neuverfilmung des Romans von Alexandre Dumas setzt auf eine europäische Starbesetzung und einen düsteren Look.

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Alexandre Dumas (der Ältere) und sein Umfeld erfahren gerade eine Renaissance, wohl auch, weil der Autor des berühmtesten französischen Abenteuerromans „Die drei Musketiere“ als Enkel eines französischen Adligen und einer afrikanischen Sklavin einer der bedeutenden People of Color in der europäischen Literaturgeschichte ist. Eine neue britische Filmversion der Musketiere mit dem Schwarzen Darsteller Malachi Pullar-Latchman soll später im Jahr ins Kino kommen, außerdem ist der Film CHEVALIER angekündigt, über den Schwarzen Komponisten und Fechtmeister Joseph Bologne, Chevalier des Saint Georges, der mit Alexandre Dumas‘ Vater Thomas Alexandre Dumas bekannt war. Die Erzählungen aus der Militärzeit von Dumas‘ Vater, der zum Général de Division aufstieg, sollen eine Inspiration für die Figur des verarmten Adligen D’Artagnan gewesen sein. Ein Schwarzer D’Artagnan ist also durchaus plausibel.
In der neuen französischen Filmversion, dem ersten Teil einer auf drei Teile angelegten Franchise-Serie, ist aber alles noch beim Alten. Wie in den bekanntesten Filmversionen, der Technicolor-Version von 1948, die mit dem Tänzer Gene Kelly in der Hauptrolle bis heute die eleganteste und artistische Verfilmung bleibt, und wie in der Version von Richard Lester, die eher auf anarchisches Vergnügen setzte, sind die Hauptdarsteller Weiße Männer.

DIE DREI MUSKETIERE - D’ARTAGNAN ist vergleichsweise düster angelegt und erinnert eher an den Look von Zack Snyders Superhelden-Filmen oder die schmuddeligeren Fantasy-Abenteuer der letzten Jahre. Das Wetter ist schlecht, es regnet viel, der Himmel bleibt grau, die Musketiere könnten eine Dusche vertragen. Nur die schönen Frauen sehen frisch aus: Vicki Krieps macht als Königin das, was sie immer macht, und wirkt zu entspannt für große, lebensgefährliche Leidenschaften, Eva Green als geheimnisvolle Agentin bringt schon mehr Leben in die Bude, und Lyna Koudhri als D’Artagnans Angebete Constance ist niedlich. D’Artagnan wird, wie immer, von einem zu alten Mann gespielt. Im Roman ist der Gascogner gerade mal achtzehn, Darsteller François Civil ist über dreißig. Immerhin, er sieht hübsch zerzaust aus, und macht seine Sache nicht übel. Romain Duris als Aramis spielt wie in allen seinen Filmen den Frauenheld, und wie in allen Filmen fragt man sich, warum. Vielleicht wegen des Lächelns, das immer ein halbes obszönes Grinsen ist. Vincent Cassel als Athos hat Präsenz, aber zu wenig zu sagen, und Marmaï Pio als Porthos tritt kaum in Erscheinung. Die sehr respektablen Darsteller können alle nicht fechten, und das ist in einer Zeit, in der Waschsalonbesitzerinnen mit Martial-Arts-Kenntnissen das Multiversum retten, ein Problem für einen echten Mantel-und-Degen-Film. Die Regie versucht das in den Action-Szenen durch eine zappelige Handkamera auszugleichen. Richard Lester hatte das gleiche Problem und setzte auf Slapstick, was besser funktionierte. Gene Kelly hätte den ganzen Haufen einen nach dem anderen erledigt, und dabei noch ein paar Salti geschlagen, ohne einen Schweißfleck auf der makellosen Weste zu erhalten.

DIE DREI MUSKETIERE - D’ARTAGNAN ist der Versuch, einen europäischen Abenteuer-Blockbuster zu schaffen. Das ist trotz der guten Besetzung nicht ganz gelungen, weil es dem Film schlichtweg an Charme und Humor mangelt. Dabei erhält das Drehbuch einiges von Dumas‘ Sprache, zumindest in der französischen Version. Aber Musketiere ohne Witz lassen die Erzählung zu schwer und bedeutend erscheinen. Dazu ist die Geschichte zu luftig. Schließlich geht es zwar darum, dass der schurkische Kardinal Richelieu die Königin aufs Schafott bringen will, aber wegen einer sehr französischen Petitesse. Für einen entspannten Spektakel-Abend reicht es aber auch, ohne dass diese Fassung der Musketiere Klassiker-Potential hat. Ausstattung und Bühnenbild machen ebenfalls einiges wett.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Les trois mousquetaires: D'Artagnan
Frankreich 2023, 121 min
Genre: Abenteuer, Historienfilm, Literaturverfilmung
Regie: Martin Bourboulon
Drehbuch: Martin Bourboulon, Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière
Kamera: Nicolas Bolduc
Musik: Guillaume Roussel
Verleih: Constantin Film Verleih
Darsteller: Eva Green, Vicky Krieps, Vincent Cassel, Louis Garrel, Lyna Khoudri, Romain Duris, François Civil, Pio Marmaï
Kinostart: 13.04.2023

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