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Die beste aller Welten

Leidenschaftliche Abenteurerin

Adrian Goiginger autobiografisches Langspielfilmdebüt erzählt von einer Kindheit am Rande der Salzburger Gesellschaft, mit einer liebe- und phantasievollen Mutter, die mit ihrer Heroinsucht kämpft.

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Beim Lagerfeuer am Fluss wird getanzt und gesungen und zwischen den Steinen am Ufer lässt Adrian seine Knaller explodieren. Die Leichtigkeit verschwindet erst mit der aufgehenden Sonne. Klamm ist der Schlafsack und Helga, die Mutter, umarmt ihren Sohn. Sie ist schlaftrunken und es geht ihr nicht gut. Die Wirkung des Heroins vom Vorabend hat das Übrige getan. Regisseur Adrian Goiginger lässt in seinem Langspielfilmdebüt, das auf der diesjährigen Berlinale Premiere feierte, seine Kindheit im Salzburg der 90er aufleben. Am Rande der guten Gesellschaft der Festspielstadt ist er aufgewachsen, und er zeigt durch die Augen seines siebenjährigen Alter Ego das Drogenmilieu von einer ambivalenten, facettenreichen Seite. Es ist eine emotionsgeladene Mutter-Sohn-Geschichte entstanden, die zwischen Aufbruch, Schmerz und Rausch pendelt. Und die gerade wegen des eindrücklichen und so gar nicht aufgesetzten Schauspiels von Jeremy Miliker als Adrian ganz nahbar wirkt, eine innige Mutter-Kind-Liebe in ihrer ganzen Pracht und Untiefe erlebbar werden lässt. Denn Helga vernachlässigt ihren Sohn nicht, auch wenn es von außen so aussehen mag, für den Herrn vom Sozialdienst und die Lehrerin, weil die Wohnung desolat ist, der Umgang schlecht und dem Kind keine Ordnung geboten wird. Helga ist eine große Kämpferin, die trotz ihres Ringens um den täglichen Schuss so viel Normalität für Adrian herstellt, wie ihr eben möglich ist. Und sogar ein Mehr, denn Zaubertränke und Geschichten, die man einfach als Lügen abtun könnte, erschaffen eine Phantasiewelt, in die Mutter und Sohn gemeinsam abtauchen, die Schutzraum bietet und Freiheit herstellt. Goiginger hat mit diesem sehr glaubhaften und persönlichen Film seiner Mutter, die mit 39 Jahren verstarb, ein filmisches Denkmal geschaffen, eine Stimme gegeben, die ihr als Süchtige und leidenschaftliche Abenteurerin im Geiste verwehrt blieb.

Susanne Kim

Details

Deutschland/Österreich 2017, 103 min
Genre: Drama, Jugendfilm
Regie: Adrian Goiginger
Drehbuch: Adrian Goiginger
Kamera: Yoshi Heimrath, Paul Sprinz
Schnitt: Ingrid Koller
Musik: Dominik Wallner
Verleih: Filmperlen
Darsteller: Michael Pink, Lukas Miko, Verena Altenberger, Jeremy Miliker
FSK: 12
Kinostart: 28.09.2017

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