Neue Notiz
Der Zeuge
Kronzeuge im Flossenbürg-Prozess
Dachau, 1946. Der Schweizer Carl Schrade ist Kronzeuge im Flossenbürg-Prozess. Er schildert, wie jeder einzelne der SS-Männer auf der Anklagebank aktiv am Vernichtungssystem beteiligt war. Bernd Michael Lades Film DER ZEUGE ist mehr als ein filmisches Dokument der Gerichtsprotokolle: spannendes, erschütterndes Kino auf engstem Raum.
Dachau, 1946. Der Schweizer Carl Schrade sitzt im improvisierten Gerichtssaal vor einem Mikrofon, alle Augen richten sich auf ihn. Er ist Kronzeuge im Flossenbürg-Prozess, und er erinnert sich genau: An seine Verhaftung durch die Gestapo 1934 in Berlin und die elf Jahre im KZ, erst Lichtenburg, dann Esterwegen, Sachsenhausen und Buchenwald, bis er schließlich in das KZ im Oberpfälzer Wald abtransportiert wurde. Er erzählt von den Verbrechen der Nazis, den täglichen Demütigungen und Arbeitsabläufen im Lager, den Morden und dem Menschenhass. Und er schildert im Detail, wie jeder einzelne der SS-Männer auf der Anklagebank aktiv am Vernichtungssystem beteiligt war. Der Schauspieler und Regisseur Bernd Michael Lade spielt Schrade in seinem vierten Spielfilm selbst. Zwei Dolmetscherinnen (Katrin Schwingel, Simone Hausdorf) und die englische Protokollführerin Sgt. Rahel H. (Maria Simon) befinden sich mit im Saal, um Schrades Ausführungen und die Aussagen der Angeklagten simultan zu übersetzen. Lade nutzt diesen technischen Umstand in seiner kammerspielartigen Inszenierung, um dem Gesagten in der Wiederholung doppelt Gewicht zu verleihen. Was zunächst etwas mühsam und umständlich wirkt, sorgt im Verlauf der Verhandlung für den gewünschten beklemmenden Effekt. Der Film stellt die entscheidende Frage über die Glaubwürdigkeit Schrades als Berufsverbrecher und "Grüner Kapo", sogenannter "Funktionshäftling", erst kurz vor Schluss und beweist auch hier dramatisches und historisches Fingerspitzengefühl. Wie bereits in seinem DDR-Polizei-Krimi Das Geständnis (2015) setzt der gebürtige Ostberliner Punk und ehemalige Tatort-Kommissar auf die Kraft der Worte und die Kunst des Spiels. Was bleibt ist mehr als ein filmisches Dokument der überlieferten Gerichtsprotokolle. DER ZEUGE ist spannendes, erschütterndes Kino auf engstem Raum.
Deutschland 2023, 93 min
Genre: Drama
Regie: Bernd Michael Lade
Kamera: Guntram Franke
Schnitt: Michael Kobs
Musik: Michael Kobs
Verleih: Neue Visionen Filmverleih
Darsteller: Bernd Michael Lade, Maria Simon, Andruscha Hilscher, Hans Hendrik Trost, Thomas Lehmann
Kinostart: 02.03.2023
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