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Der Trafikant

Bildungsbürgerlich

Kurz vor dem sogenannten Anschluss Österreichs an das „Dritte Reich“ ist der 17-jährige Franz nach Wien gezogen. Er arbeitet in einem Zeitungsladen und diskutiert seine Liebesdilemmata mit einen speziellen Zeitungskäufer – Sigmund Freud.

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Robert Seethalers Roman „Der Trafikant“ war ein Bestseller, der ein oft behandeltes Thema mit einem interessanten Kniff erzählte, und ist nun von Nikolaus Leytner verfilmt worden.
Die Handlung setzt vor dem so genannten Anschluss Österreichs an das „Dritte Reich“ ein und ist aus der Perspektive des 17-jährigen Franz (Simon Mprzé), der gerade vom Land in die Stadt gezogen ist, erzählt. Dort arbeitet Franz in einer Trafik, österreichisch für Tabak- und Zeitungsgeschäft, und interessiert sich mehr für Frauen als für den aufkommenden Faschismus - vor allem für die ebenso sinnliche wie unnahbare Tänzerin Anezka (Emma Drogunova), in die er sich unsterblich verliebt. Doch Anezka ist ein Freigeist und finanziert sich durch zahlreiche Affären, auch mit Nazis, sehr zu Franz‘ Verdruss. Ein besonderer Kunde der Trafik ist sein Ratgeber in Lebens- und Liebesdingen: Sigmund Freud (Bruno Ganz), der noch in Wien ausharrt, jedoch bald vom braunen Mob aus seiner Heimat vertrieben werden wird.
Dass Seethalers Roman schon auf gymnasialen Leselisten gelandet ist, verwundert nicht, lässt sich anhand der Geschichte doch viel diskutieren: Über den Umgang Österreichs mit dem Faschismus, Mitläufertum und Judenvertreibung, über Freud und die Liebe. All diese Themen werden nun auch in Leytners gediegener Verfilmung angerissen, die beflissen und ein wenig bildungsbürgerlich ans Werk geht: Alles stimmt, von der reichhaltigen Ausstattung über die bunten Kostüme bis zur zunehmenden Bedrohung durch die Braunhemden, die auch nicht durch ein falsches Happy End beschönigt wird. So ganz springt der Funke jedoch nicht über, zu bieder bleibt Leytners erzählerischer Ansatz.

Michael Meyns

Details

Deutschland/Österreich 2018, 117 min
Sprache: Deutsch
Genre: Drama, Literaturverfilmung
Regie: Nikolaus Leytner
Drehbuch: Nikolaus Leytner, Klaus Richter, Robert Seethaler
Kamera: Hermann Dunzendorfer
Schnitt: Bettina Mazakarini
Musik: Matthias Weber
Verleih: Tobis Film
Darsteller: Karoline Eichhorn, Bruno Ganz, Johannes Krisch, Regina Fritsch, Simon Morzé
FSK: 12
Kinostart: 01.11.2018

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