Neue Notiz
Der Ornithologe
Sinnlich-surrealer Kreuzweg
João Pedro Rodrigues schickt einen Vogelkundler auf einen sinnlich-surrealen Kreuzweg im Tal des Douro. Fernando begegnet tanzenden Teufeln, barbusigen Amazonen und einem schönen Schäfer, nimmt Schuld auf sich, vollbringt Wunder und predigt den Fischen.
Ein Paddler in einem berauschend schönen portugiesischen Flusstal beobachtet Vögel. Der Himmel ist blau, die Luft ist glasklar, der Douro ist tief dunkelgrün und dort, wo die Felsen Schatten werfen, fast schwarz. Im Wasser rucken die Haubentaucher mit den Köpfen, über dem Kopf des Paddlers kreisen die Steinadler um die Felsen. Mal nimmt die Kamera die Vogelperspektive ein, mal den Blick durch das Fernglas, mal schwebt sie als unbeteiligtes Auge auf halber Höhe. Eine leichte Beunruhigung geht von diesen sich ständig verändernden, schwebenden Perspektiven aus, so könnte auch ein Horrorfilm anfangen. Und tatsächlich lassen die Unheimlichkeiten nicht lange auf sich warten: Fernando hat nicht auf den Fluss geachtet und kentert in einer Stromschnelle. Als er wieder zu sich kommt, sitzt er an einem Lagerfeuer mit zwei Chinesinnen, die eigentlich nach Santiago di Compostela wollten und vom Weg abgekommen sind. Sie geben ihm Tee. Als Fernando das nächste Mal zu sich kommt, hängt er Pin-up-würdig gefesselt an einem Baum. Nur Antonius kann jetzt noch helfen, sagen die Chinesinnen und weigern sich, ihn zu befreien. Es sind die ersten Stufen einer ständig seltsamer werdenden Odyssee oder vielmehr eines Kreuzwegs, der Fernando immer tiefer in die Natur führt und schließlich zurück in die Zivilisation. Er begegnet tanzenden Teufeln, barbusigen Amazonen und einem schönen Schäfer. Er nimmt Schuld auf sich, vollbringt Wunder und predigt den Fischen. Die Metamorphose des Fernando in den heiligen Antonius ist voller Ungereimtheiten und erinnert in ihrer exaltierten, religiös und mythologisch überdeterminierten Bilderwelt an die Filme Derek Jarmans. Doch wo Jarman totale Künstlichkeit zelebriert, feiert João Pedro Rodrigues die Wildnis. Christliche, mythologische und erotische Motive überlagern einander in Bildern, die in jeder Einstellung die Gefahr und Sinnlichkeit der Natur beschwören. O ORNITOLOGO ist ohne Zweifel der rätselhafteste und bestaussehendste Film des Sommers.
Originaltitel: O Ornitólogo
Frankreich/Portugal 2016, 118 min
Genre: Drama, Mysterie
Regie: João Pedro Rodrigues
Drehbuch: João Rui Guerra da Mata
Kamera: Rui Poças
Schnitt: Raphaël Lefèvre
Verleih: Edition Salzgeber
Darsteller: Paul Hamy, João Pedro Rodrigues, Juliane Elting, Xelo Cagiao, Chan Suan
FSK: 16
Kinostart: 13.07.2017
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