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Der Funktionär

Worte und Bilder des Vaters

Andreas Goldsteins Vater war Klaus Gysi, Verlagsleiter, Botschafter, Staatssekretär und von 1966 bis 1973 Kultusminister der DDR. Für Andreas Goldstein war er ein Vater, den er kaum kannte.

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Die Betrachtung der DDR im geschichtlichen Kontext treibt den Regisseur Andreas Goldstein immer wieder um. Zuletzt bot er mit seiner Adaption von Ingo Schulzes Wenderoman „Adam und Evelyn“ einen differenzierten Blick auf den „Arbeiter- und Bauernstaat“. Einen Blick durch die Augen seiner Bewphner*innen, frei von Ostalgie und verrauchten Stasizimmern. Dass Goldsteins Blick immer wieder in die ostdeutsche Vergangenheit zielt, hat auch mit seiner eigenen Biografie zu tun. Sein Vater war Klaus Gysi, Verlagsleiter, Botschafter, Staatssekretär und von 1966 bis 1973 Kultusminister der DDR. Für Andreas Goldstein war er ein Vater, den er kaum kannte. Mit Hilfe von Archivaufnahmen und persönlichen Erinnerungen, Fernsehbildern und Fotoalben nähert sich der Filmemacher dem fremden Funktionär. In der Öffentlichkeit, aber auch im Privaten, erzählte Gysi oft von sozialistischen Ideen und Visionen. Goldstein fällt es heute schwer, dem Vater diese Ideale abzunehmen. Vieles von dem, was Klaus Gysi vor der Kamera sagte, trug sein Sohn ein Leben lang mit sich herum. Die Worte und Bilder des Vaters prägten den Sohn Andreas Goldstein.
Im Film, der auf dem letztjährigen DOK Leipzig seine Weltpremiere feierte, legt er sie auf den Tisch und reflektiert sie im geschichtlichen Kontext - einer Geschichte, die in seinen Augen oftmals falsch wiedergegeben und im Laufe der Zeit von Erinnerungen verklärt worden ist. Auch deshalb war es Goldstein wichtig, diesen Film zu drehen. Der autobiografische Essay offenbart in der persönlichen Betrachtung mehr als in der gesamtgeschichtlichen. Wer sich also Erkenntnisse über den „Unrechtsstaat“ erhofft, wird sie nur zwischen den Zeilen finden. In der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Erbe wirkt DER FUNKTIONÄR aber schlüssig.

Lars Tunçay

Details

Deutschland 2018, 72 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarfilm, Essayistischer Film
Regie: Andreas Goldstein
Drehbuch: Andreas Goldstein
Kamera: Jakobine Motz
Schnitt: Chris Wright
Verleih: Edition Salzgeber
FSK: 6
Kinostart: 11.04.2019

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