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Death of a Ladies' Man

Hübsche Halluzinationen

Sam (Gabriel Byrne) ist Alkoholiker und Uni-Prof und ein alter Charmeur, auch wenn das nicht mehr so ganz funktioniert. In letzter Zeit hat er seltsame Halluzinationen und wird von Erinnerungen an den Vater heimgesucht.

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“Death of a Ladies‘ Man“ von 1977 zählt nicht zu Leonard Cohens erfolgreichsten Platten. Phil-Spectors Produktion überzieht die Songs mit einem Zuckerguss aus Teenybopper-Schmalz der fünfziger Jahre, was nur bei dem nostalgischen Sexpop-Song „Memories“ und dem zynischen „Don’t Go Home with Your Hard-On“ als sarkastischer Effekt funktioniert. Mit „Memories“ beginnt denn auch der Film DEATH OF A LADIES‘ MAN, in dem Gabriel Byrne als Leonard Cohen-Ersatz Sam O’Shea so stirbt, wie sich das der kanadische Autor und Regisseur Matt Bissonnette erträumt.
Sam ist Alkoholiker und Uni-Prof, der bereits in den ersten Szenen erfährt, dass sein Typ abgemeldet ist. Während sein Sohn ihm erzählt, dass er schwul ist, wirft Sam einer Kellnerin flirtende Blicke zu, auf die sie nur mit dem Mittelfinger reagiert. Auch sonst läuft es eher schlecht für Sam. Seine jüngere Frau hat Sex mit einem jüngeren Mann, und er selbst hat – sehr literarische – Halluzinationen: Seine Studenten haben plötzlich Partyhüte auf den Köpfen, und einer sagt Cohens Gedicht „The Music Crept By Us“ auf; die Eishockey-Mannschaft seines Sohnes führt ein Kunstlauf-Ballett auf; eine Kellnerin trägt einen Tigerkopf. Eine Ärztin diagnostiziert eine typische Form von Kino-Krebs: Sam hat nicht mehr lange zu leben, aber es bleibt noch Zeit für eine (imaginäre?) Reise nach Irland, die (imaginäre?) Rettung der Tochter aus den Klauen eines Heroin-Fuzzis, und für allgemeine Wiedergutmachung mit Sohn und Ex-Frau. Der Ladies‘ Man muss auf jeden Fall domestiziert werden, weil, Herrschaften, so geht es ja nun nicht, dass man zufrieden vor sich hin säuft und dauernd an Sex denkt. Die halluzinatorischen Szenen sind hübsch, es gibt viele wenig bekannte Fundstücke aus Cohens umfangreicher Text- und Musikproduktion (und den unvermeidlichen Begräbnishit). Aber die Story ist doch ein bisschen brav.

Tom Dorow

Details

Kanada/Irland 2020, 100 min
Sprache: Englisch
Genre: Drama
Regie: Matt Bissonnette
Drehbuch: Matt Bissonnette
Kamera: Jonathon Cliff
Schnitt: Matt Lyon
Musik: Stephen Rennicks
Verleih: MFA
Darsteller: Gabriel Byrne, Jessica Paré, Brian Gleeson, Suzanne Clément
FSK: 16
Kinostart: 07.04.2022

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