Auf den ersten Blick ist Naadirah (Kenda Hmeidan) keine Frau, mit der man gerne Zeit verbringt. Sie ist jung, schön, klug, all das. Aber die verwöhnte Tochter eines überreichen Patriarchen aus Katar weiß genau, wer sie ist, was sie kann und wie sie bekommt, was sie will. Geld ist Macht - und Naadirah hat früh gelernt, damit umzugehen. Als ihr Daniel (Christoph Humnig) zum ersten Mal begegnet, nimmt sie ihn deshalb zunächst kaum wahr. Er ist ihr Chauffeur und manchmal ihr Diener, je nachdem, wie es ihr gerade gefällt. Die Firma, für die Daniel arbeitet, hat sich auf reiche Medizintouristen wie Naadirahs Vater spezialisiert. Daniel hat der Chef nur eingestellt, weil seine Tochter Jenny (Katharina Bach) den gescheiterten Schriftsteller liebt.
Daniel reizt die attraktive Araberin, sie fordert ihn heraus. Und je mehr Naadirah über Daniel erfährt, desto interessanter findet auch sie ihren Fahrer. Langsam entwickelt sich zwischen den beiden ein Spannungsverhältnis, das Josephine Frydetzkis Film zu einem faszinierendem Kuriosum macht. Einerseits ist die Rahmenhandlung so skurril und genreverliebt, dass sie wenig glaubhaft scheint. Andererseits wirkt die Stimmung geheimnisvoll genug, dass man bei den Figuren bleibt. Die innere Zerrissenheit der Charaktere spiegelt sich im Ton des Films, der irgendwo zwischen verbotener Romanze und Selbstfindungs-Drama im Noir-Setting pendelt. Das Ergebnis ist ein kantiger und zugleich seltsam sympathischer Versuch, im deutschen Kino mit mehr Mut und Einfallsreichtum aufzutreten. Frydetzkis Stärke liegt dabei in der Wachsamkeit ihres Blicks. Der jungen Regisseurin gelingt es, die Ängste, Hoffnungen und Verletzlichkeiten ihrer Protagonist*innen noch in den kleinsten Gesten und Nuancen einzufangen. Am Ende vergehen die TAGE MIT NAADIRAH wie im Flug.

Pamela Jahn