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Das Vorspiel

Darstellerische Finesse

DAS VORSPIEL ist ein Film über Enttäuschung, über Musik-Besessenheit, über eine Frau ohne Mitte zwischen fünf Männern (Sohn, Vater, Mann, Liebhaber, Geigen-Schüler).

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Zuweilen korrespondieren Filme auf so stupende, wenn auch nicht intendierte Art miteinander, dass es verlockend ist, sie in Relation zueinander zu setzen. DAS VORSPIEL, Regie Ina Weisse, ist ein Film über Enttäuschung, Verhärtung, über eine Frau ohne Mitte. Ein Film über Musik-Besessenheit, ein Film über eine Frau (Nina Hoss) zwischen fünf Männern (Sohn, Vater, Mann, Liebhaber, Geigen-Schüler). Ihrer Mitte ist auch Lara, Protagonistin in Jan-Ole Gersters im November gestarteten gleichnamigen Film verlustig gegangen. Beide, Pianistin Lara und Violinistin Anna, haben auf eine Karriere als Musikerin verzichten müssen. Bei Lara war es das vernichtende Urteil eines Professors, bei Anna eine Angststörung. Einmal fliegt Anna ob ihrer Nervosität bei einem Konzert der Violinbogen weg. Voller Wut fokussiert sie sich auf den Geigen-Unterricht. In beiden Filmen kommt es zu Übergriffigkeiten Musikschülern gegenüber, in beiden entlädt sich die Frustration der Hauptfiguren. Andere müssen büßen fürs eigene Versäumnis. Die sich sukzessive verhärmenden Gesichtszüge Annas machen sie zu einer Art Leidensgenossin Laras. Ganz so niederdrückend wie Jan-Ole Gersters Zweitling ist das mit Humor-Momenten gespickte VORSPIEL aber nicht. So wie LARA ohne das kühl kontrollierte Spiel Corinna Harfouchs kaum denkbar ist, prägt auch Hoss ihren Film. Beeindruckend die Sequenz, in der ihr Eleve wider Erwarten doch zum Jahrgangs-Konzert erscheint: Was sich während des Auftritts auf Hoss’ Gesicht abspielt, wie sich stückweise Erleichterung, Freude breit macht, wie sich schließlich Hoss’ Augen langsam mit Tränen füllen, zeugt von darstellerischer Finesse und einem Sinn für Ökonomie. Beide, LARA und DAS VORSPIEL, sind Berlin-Filme. Während man im streng durchkomponierten LARA BVG-Stationen und andere Orte erkennt, versinkt Ina Weisses Berlin in einer die Unentschlossenheit ihrer Hauptfigur spiegelnden Unschärfe.

Matthias von Viereck

Details

Deutschland 2019, 99 min
Sprache: Deutsch
Genre: Drama
Regie: Ina Weisse
Drehbuch: Ina Weisse, Daphne Charizani
Kamera: Judith Kaufmann
Schnitt: Hansjörg Weißbrich
Verleih: Port-au-Prince
Darsteller: Nina Hoss, Ilja Monti, Simon Abkarian, Sophie Rois
FSK: 12
Kinostart: 23.01.2020

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