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Das starke Geschlecht

Reflexionen, Projektionen

Neun abwechselnd redende Männer. Ein Fragensteller. Schwarzer Hintergrund. Es geht um Vergewaltigungsfantasien, Sehnsüchte, um die Rolle der eigenen Mutter, Projektionen, Konstellationen beim Sex, Schwächen, Hoffnungen, Feminismus.

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Neun abwechselnd redende Männer. Ein Fragensteller. Schwarzer Hintergrund. Viel reduzierter geht es nicht. Thema dieser Doku? Männliche Sexualität. Der gesellschaftliche Hintergrund aber der filmischen Versuchsanordnung, der ist weit: An #MeToo muss man denken, die Diskussion um toxische Männlichkeit, an Alphatiere wie Trump, Putin, Schlagworte wie postheroisches Zeitalter, Genderdebatten, jüngste Buchtitel wie: „Der gekränkte Mann. Verteidigung eines Auslaufmodells". Es geht um Vergewaltigungsfantasien, Sehnsüchte, um die Rolle der eigenen Mutter, Projektionen, Konstellationen beim Sex, Schwächen, Hoffnungen, Einsamkeit, Feminismus vs. Maskulinismus („Bin für die Befreiung der Männer“), um Ängste („Gott, wenn das meine Freundin hört, kriegt die echt die Krise“) und frühzeitige Ejakulationen. Vieles klingt nach Klischee. Hie und da verlieren sich die Kerle in Allgemeinplätzen, Verallgemeinerungen: Dass „die Männer“ sich nicht hingeben können, „die Frauen“ in dieser Disziplin aber perfekt seien. Berührend: Wie der wohl Älteste der Interviewten davon erzählt, wie lang bei ihm der letzte Sex zurückliegt. Auch die wenigen Momente, in denen nicht gesprochen, nur gefühlt, gedacht wird. Manch Gedanke weist über das Thema Sex hinaus: Brauchen wir eine neue Wut-Kultur? Auch Rollenbilder unter homosexuellen Männern kommen zur Sprache. Was immer wieder anklingt: Wie verdammt schmal der Grat ist zwischen freier, lustvoller Unterwerfung und Missbrauch. Nicht jede Minute ist erhellend, zuweilen wünscht man sich den Einschub einer weiblichen Perspektive (auch der Regisseur: ein Mann). Sehens-, vor allem hörenswert ist die reduzierte Versuchsanordnung aber in jedem Fall. Und das nicht nur für Angehörige des „starken Geschlechts“. Wie viel an Augenzwinkern im Filmtitel liegt, bleibt dem Publikum überlassen…

Matthias von Viereck

Details

Deutschland 2021, 103 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarischer Film
Regie: Jonas Rothlaender
Drehbuch: Jonas Rothlaender
Kamera: Andreas Hartmann
Schnitt: Carlotta Kittel, Kai Eiermann
Musik: Julius Pollux Rothlaender
Verleih: missingFILMs
Kinostart: 26.05.2022

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