Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Das schweigende Klassenzimmer

Ungeahnte Konsequenzen

1956 legt eine 12. Klasse in der DDR eine Schweigeminute für die im Ungarnaufstand umgekommenen Demonstranten ein. Die spontane Aktion hat ungeahnte Konsequenzen.

Mehr

Nach seinem klugen Nachkriegs-Drama DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER über den hessischen Generalstaatsanwalt, der die Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen und die juristische Verfolgung der Nazi-Täter in der BRD vorantrieb, widmet sich Lars Kraume nun der Nachkriegsstimmungslage in der DDR. DAS SCHWEIGENDE KLASSENZIMMER spielt im Jahr 1956. Die Mauer ist noch nicht gebaut und die Ostblock-Staaten haben gerade eine kurze Phase der Liberalisierung erlebt, die mit der Niederschlagung des Ungarn-Aufstands abrupt endet. In Storkow (im Film: Eisenhüttenstadt) beschließt eine Gruppe Oberschüler, eine Schweigeminute für die getöteten Ungarn einzulegen. Es ist eine spontane Aktion, die ungeahnte Konsequenzen nach sich zieht. Als die Oberschuldirektion von der Protestaktion erfährt, stellt sie die ganze Klasse vor die Wahl: Entweder der Rädelsführer meldet sich, oder die Klasse wird vom Abitur ausgeschlossen. Während die Schüler und Schülerinnen ihr Schweigen aufrecht halten, laufen zuhause private Dramen ab. Da ist der gebrochene Stahlarbeiter (Ronald Zehrfeld), der nicht dabei zusehen möchte, wie sein Sohn seine berufliche Zukunft aufs Spiel setzt, da ist der Sohn des Widerstandshelden, der für die Konterrevolutionäre nur Verachtung übrig hat, da ist der Funktionär, der um die eigene Zukunft fürchtet. Kraume nutzt die auf wahren Ereignissen basierende Geschichte, um verschiedene Geisteshaltungen in der Nachkriegs-DDR zu skizzieren, die Ost- und West-Propaganda der Medien zu thematisieren und um zu fragen, was einem eine moralische/politische Haltung wert ist. Schon FRITZ BAUER war ähnlich didaktisch angelegt, hatte aber einen phänomenal lebensechten Burghardt Klaußner im Zentrum. DAS SCHWEIGENDE KLASSENZIMMER wirkt im Vergleich holzschnitthafter, bietet aber einen interessanten Einstieg in die komplexe Gemengelage in Nachkriegsdeutschland.

Hendrike Bake

Details

Deutschland 2017, 111 min
Genre: Drama, Historienfilm
Regie: Lars Kraume
Drehbuch: Lars Kraume
Verleih: STUDIOCANAL
Darsteller: Florian Lukas, Leonard Scheicher, Anna Lena Klenke, Jonas Dassler, Tom Gramenz
FSK: 12
Kinostart: 01.03.2018

Website
IMDB

Vorführungen

Filter
Multiplexe anzeigen

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.