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Die Purpursegel

Traumhafte Atmosphäre

In einem kleinen italienischen Dorf träumt Juliette nach dem Ende des Ersten Weltkriegs vom Märchenprinz, der in Gestalt des Piloten Jean erscheint. Kameramann Marco Graziaplena hat auf körnigem 16mm-Material gedreht, das den lichtdurchfluteten, farbgesättigten Bildern eine magische Qualität gibt.

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„Wir müssen die so genannten Wunder mit eigenen Händen vollbringen,“ heißt es zu Beginn von Pietro Marcellos Film, ein Zitat des hierzulande wenig bekannten russischen Autors Alexander Grin, dessen Roman „Das Purpursegel“ als lose Vorlage diente. Die Hände des Hauptdarstellers Raphaël Thiéry sind es in den ersten Minuten auch, die besonders markant wirken: Grobe, wulstige Pranken, die augenscheinlich viel erlebt und viel gearbeitet haben. Mit diesen Händen versucht er, sich und seiner Tochter ein Leben in dem kleinen Dorf aufzubauen, in dem Marcellos Film spielt, ein Leben abseits der Dorfgemeinschaft, die das Duo aus Gründen schneidet, die sich nur langsam offenbaren. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ist er zurückgekehrt und erfährt, dass seine Frau während der Geburt seines Kindes gestorben ist. Dieses Kind, Juliette (Juliette Jouan), wächst bei Adeline (Noémie Lvovsky) auf, die bald auch Raphaël ein zu Hause gibt. Juliette wächst zu einer unabhängigen, schönen Frau heran, die kaum wahrnimmt, welchen Effekt sie auf die Männer des Dorfes hat. Viel lieber verbringt sie ihre Zeit mit Musik, Gedichten und dem Traum vom Fliegen, den ihr die „Hexe“ (Yolande Moreau) des Dorfes eingegeben hat. Und da fällt er auch vom Himmel, ihr Prinz, in Gestalt des Piloten Jean (Louis Garrel), mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre beginnt … Pietro Marcello bewegt sich in seinem Film hart an der Grenze zum Kitsch; Kameramann Marco Graziaplena hat auf körnigem 16mm-Material gedreht, das den lichtdurchfluteten, farbgesättigten Bildern eine zusätzliche magische Qualität gibt. Man mag hier an den magischen Realismus der lateinamerikanischen Literatur denken oder sich einfach von der traumhaften Atmosphäre verzaubern lassen, die meist überdeckt, dass nicht alle Aspekte des Films zusammenpassen.

Michael Meyns

Details

Originaltitel: L'envol
Deutschland/Frankreich/Italien 2022, 100 min
Genre: Drama
Regie: Pietro Marcello
Drehbuch: Pietro Marcello, Maurizio Braucci, Maud Ameline
Kamera: Marco Graziaplena
Schnitt: Carole Le Page, Andrea Maguolo
Verleih: Piffl Medien
Darsteller: Raphaël Thiéry, Juliette Jouan, Louis Garrel, Noémie Lvovsky, Yolande Moreau
Kinostart: 06.07.2023

Website
IMDB

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